Geschlechtsangleichende Operationen derzeit keine Kassenleistung

Bundessozialgericht: Geschlechtsangleichende Operationen derzeit keine Kassenleistung

Am 19.10.2023 wurde eine Klage auf Kostenübernahme einer Mastektomie einer nicht-binären Person vor dem Bundessozialgericht (BSG Az. B 1 KR 16/22 R) verhandelt. Das Gericht verweigerte nicht nur die Kostenübernahme, sondern entschied darüber hinaus, dass alle geschlechtsangleichenden Operationen „Bestandteil einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode sind.“

Darüber muss nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) befinden und „die sachgerechte Anwendung der neuen Methode sowie ihre Wirksamkeit und Qualität [..] beurteilen.“ Dieses Verfahren kann beliebig lange dauern.

Die Schlussfolgerung des BSG, dass solche Operationen, und die dazu gehörenden Untersuchungsmethoden „neu“ seien, ist uns nicht ersichtlich. Die zugehörigen Leitlinien mögen sich geändert haben, sie sind jedoch weder grundsätzlich neu noch haben trans* Personen bei einer Indikation das letzte Wort. Durch die Ignoranz dieser Tatsache und dass trans* zu sein seit Beschluss der ICD-11 keine psychische Störung mehr ist, wird der Hinweis des Gerichts, der G-BA solle hier zum „Schutz der betroffenen Personen vor irreversiblen Fehlentscheidungen“ tätig werden, zu einer hochgradig trans* feindlichen Floskel.

Somit ist auch unklar, wie mit neuen Anträgen auf geschlechtsangleichende Operationen bei binären trans*Personen verfahren wird. Der Medizinische Dienst (MD) schrieb in seiner Begutachtungsanleitung Transsexualismus v. 2020: „Zu Krankheitswertigkeit, Leidensdruck und Behandlungs-notwendigkeit sowie zur Kostenübernahme von geschlechtsangleichenden Operationen bei Transsexualismus liegt maßgebliche BSG-Rechtsprechung vor.“ Diese Rechtsprechung und damit der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist nun in Gefahr, ausgesetzt zu werden, bis der G-BA seine Prüfung abgeschlossen hat. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung muss weiterhin gewährleistet sein. Wir verweisen auf die von Deutschland unterzeichnete Resolution des Europarats 2048/6.3.1. Ein Verweigern der Kostenübernahme von geschlechtsangleichenden Maßnahmen kann lebensgefährlich sein.

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