Das Bundesministerium des Innern (BMI) plant Änderungen im Meldewesen, die uns zutiefst beunruhigen. Konkret sollen frühere Geschlechtseinträge und Vornamen von Personen, die ihr Geschlecht oder ihren Vornamen nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) geändert haben, besonders gekennzeichnet und an weitere Behörden wie die Rentenversicherung und das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Wir sehen darin einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und einen Widerspruch gegen das Selbstbestimmungsgesetz.
Was ist geplant?
Der Entwurf des BMI sieht vor, drei neue Datenfelder für den früheren Geschlechtseintrag, das Änderungsdatum und die zuständige Behörde einzuführen. Außerdem soll die Übermittlung früherer Vornamen ausgeweitet werden. Diese Änderungen sollen ab dem 1. November 2026 in Kraft treten, obwohl die Datenfelder bereits seit dem 1. April 2025 im Datensatz für das Meldewesen (DSMeld) existieren.
Das BMI begründet diese Schritte mit der Notwendigkeit, Personen in verschiedenen Registern weiterhin identifizieren zu können und das Offenbarungsverbot (§ 13 SBGG) durchzusetzen.
Warum ist das problematisch?
- Widerspruch zum Selbstbestimmungsgesetz: Das SBGG regelt klar, dass bisherige Daten in Registern erhalten bleiben (§ 10 Abs. 1 SBGG). Eine zusätzliche Kennzeichnung ist überflüssig, da die Identität einer Person durch bestehende Register wie das Bundeszentralregister jederzeit nachvollziehbar bleibt. Auch Sicherheitsbehörden haben bei Bedarf Zugriff.
- Unnötige Datenweitergabe: Es ist unklar, warum Behörden wie die Rentenversicherung gesondert über eine Personenstandsänderung informiert werden müssen. Versicherte teilen Änderungen der Rentenversicherung selbst mit, da sich die Sozialversicherungsnummer ändert. Die Kennzeichnung erinnert an diskriminierende Praktiken und ist nicht notwendig, da die eindeutige Identifikation auch in den letzten 40 Jahren ohne solche speziellen Datenfelder möglich war.
- Verletzung der Privatsphäre: Angaben zur Geschlechtsidentität und zum Vornamen gehören zum innersten persönlichen Bereich und sind besonders schützenswert. Die geplante Kennzeichnung hebt diese Daten in besonderer Weise hervor und widerspricht dem Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO). Sie weckt zudem Erinnerungen an frühere Versuche des BMI, Daten an Sicherheitsbehörden zu übermitteln, die nur nach massiver Kritik verhindert wurden.
- Fehlende Sensibilität beim BMI: Es ist bedenklich, dass im Basissystem der Innenverwaltung (XMeld) immer noch der Begriff „Geschlechtsumwandlung“ verwendet wird, der dem Selbstbestimmungsgesetz widerspricht. Dies zeigt mangelndes Verständnis für die Lebensrealitäten von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen.
- Risiko von Diskriminierung und Hasskriminalität: Der Schutz der geschlechtlichen Identität ist in Deutschland noch nicht umfassend im Grundgesetz verankert. Solche Kennzeichnungen verstärken die Gefahr von Stigmatisierung und Diskriminierung. Angesichts steigender Zahlen von Hasskriminalität gegenüber trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen ist es dringend notwendig, die geschlechtliche und sexuelle Identität im Grundgesetz zu schützen und nicht durch zusätzliche Kennzeichnungen offenzulegen.
Unsere Forderung:
Wir fordern das BMI dringend auf, den Entwurf zu überarbeiten und auf die unnötige und diskriminierende Kennzeichnung früherer Geschlechtseinträge und Vornamen zu verzichten. Stattdessen muss der Schutz der Privatsphäre und die Würde aller Menschen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, gewährleistet werden. Unsere Stellungnahme an das BMI:
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