Zu weitgehende “Verordnung zur Änderung der Meldedatenverordnung” in Bayern geplant
Die dgti wurde eingeladen, im Rahmen einer Verbändeanhörung Stellung zu nehmen zu der geplanten Änderung der Meldedatenverordnung (MelVO) in Bayern.
Aus unserer Perspektive ist diese Änderung der Meldedatenverordnung grundsätzlich nicht in dem Maße zwingend notwendig wie vom bayrischen Staatsministerium des Inneren (StMI) angenommen. Wie in der Begründung richtig angeführt wird, ermächtigt §20a des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz – BZRG) die Meldebehörde ausdrücklich, Änderungen im Rahmen des Transsexuellengesetzes (TSG) regelmäßig mitzuteilen.
Nach unserem Wissen erfolgen diese Meldungen auch. Wenn es in der Vergangenheit nicht zu einem
Nachführen der Bayerischen Datenbestände gekommen ist, so ist die Ursache im regelmäßigen Datenaustausch zu suchen und nicht in der angeblich fehlenden Rechtsgrundlage. Eine Rechtslücke bestand zu keinem Zeitpunkt. Auch sei auf den erst 2016 weggefallenen Vertreter des öffentlichen Interesses verwiesen, der auch beteiligt wurde, um eine von den Sicherheitsbehörden unbemerkte Berichtigung des Vornamens und der Geschlechtszugehörigkeit zu verhindern.
Meldedatenverordnung und SBGG
Der vom StMI beschrittene Weg, Berichtigungen des Vornamens und/oder der Geschlechtszugehörigkeit auf Grundlage des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) in das regelmäßige Meldeverfahren einzugliedern, halten wir für bedenklich. Auch müssen wir der Formulierung „Änderung des Geschlechtseintrages“ widersprechen. Sie ist aus unserer Sicht sowohl falsch als auch herabwürdigend. Stattdessen sollte die Formulierung „Berichtigung der Geschlechtszugehörigkeit“ verwendet werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bereits in seiner Entscheidung vom 11.10.1978 – BVerfGE 49,286 RN 50 ff) das Auseinanderfallen der Geschlechtszugehörigkeit
und der geschlechtsspezifischen Körpermerkmale anerkannt. Der hierauf gründende Rechtsakt ist somit
eine Berichtigung eines ursprünglich fehlerhaften Geburtseintrages, nach Erkennen eben dieser Fehlerhaftigkeit.
Auch wenn das Bestehen auf genau diese Formulierung kleinlich erscheint, für die Betroffenen ist sie es
nicht. Auf die von uns verlangte sprachliche Präzision kann schon alleine durch die in Art. 1 GG (Grundgesetz) geforderte Anerkennung und Wahrung der Würde der Betroffenen nicht verzichtet werden.
Auch wenn die automatische und unverzügliche Löschung beim Fehlen von Erkenntnissen zugesagt wird, so ist die in § 6 Abs. 2 MeldDV (Meldedatenverordnung) genannte Bedingung nach unserem Dafürhalten zu dünn. Es überlässt dem Landeskriminalamt die Entscheidung, ob es die Daten noch braucht und für notwendig erachtet.
Ein neuer Datenkrake könnte entstehen
Vor dem Hintergrund, das in der Vergangenheit von dem gleichen Amt genealogische Aufzeichnungen zu Sinti und Roma in Form der sog. „Landfahrerkartei“ für notwendig erachtet wurden und auch Aufzeichnungen zu sog. „Transvestiten“, als Teil der berüchtigten “rosa Listen”, noch vorhanden waren als es den diesen zu Grunde liegenden § 360 Abs 1 Ziff 11 2.Alt. StGB aF schon gar nicht mehr gab. Vor diesem Hintergrund sehen wir schon die Möglichkeit, dass erneut Aufzeichnungen zu Menschen wie uns entstehen könnten, sehr kritisch. Wir befürchten, dass nunmehr das Bayerische LKA, nach den „rosa Listen“ nun wieder „Trans-Datenbanken“ anlegt. Wir halten deshalb den bisherigen Weg über das Bundeszentralregister geeigneter als der in dieser Verordnung angedachte Weg.
Wir schließen nicht aus, dass im SBGG ein Missbrauchsrisiko liegt. Dies darf aber nicht dazu führen, dass nunmehr alle Nutznießenden dieses Gesetzes unter Generalverdacht gestellt werden und die Sicherheitsorgane einen erleichterten Zugriff auf einen Teil des Bereiches erlangen, der nicht ohne Grund als Kern der eigenen Identität unter dem Schutz des Art 2 Abs 1 i.V.m Art 1 Abs 1 GG fällt. Auch können wir uns des Eindruckes nicht erwehren, dass auch diese Novellierung einer Verordnung weniger durch eine scheinbar bestehende Rechtslücke ausgelöst wird, als vielmehr ihre Ursache in einem von sach- und fachfremden Kreisen aufgebauten Droh- und Gefahrenszenario findet.
In dieser Hinsicht möchten wir darum bitten, wenn das StMI diesen Weg beschreiten will, zumindest die Begründung so zu fassen, dass es nur um das Nachführen der Meldedatenverordnung an die neue Rechtslage geht und jeden Verweis auf einen sowohl nach unserem Dafürhalten als auch sachrechtlich nie vorhandenen Mangel in den Daten zu vermeiden.
Es ist nicht hinnehmbar, dass erneut Menschen wie wir als Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufgebaut werden und solches Eingang in ministeriale Äußerungen finden. Trans– intergeschlechtliche und nichtbinäre bzw. agender Menschen (tina) sind eher Opfer und des Schutzes durch den Staat bedürftig, denn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. Täter. Uns ist zwar mindestens ein Fall bekannt in dem eine Berichtigung des Geburtseintrages der Waffenbehörde entgangen ist, dies geschah aber nicht, weil es keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Meldung an die Waffenbehörde gab, sondern weil die Waffenbehörde schlicht und einfach diese Meldung nicht beachtet hatte.