Einfach selbst bestimmt – Neu im Buchhandel

Cover Buch Einfach selbst bestimmt
Einfach selbst bestimmt Texte zur Lebensrealität jenseits der Geschlechternormen

Janka Kluge, Julia Monro Hrsg.

Einfach selbst bestimmt. Texte zur Lebensrealität jenseits der Geschlechternormen“

Es reichen heute fünf Buchstaben und ein , um auf eine hitzig geführte Debatte zu verweisen: . Dass trans* nicht einfach ein »kontroverses Thema«, sondern die Lebensrealität zahlreicher Menschen ist, wird dabei leicht übersehen.“ 

So wird der Sammelband von Janka Kluge und Julia Monro, beide seit langem aktiv in der , angekündigt. Die Debatte entzündet sich vor allem um den geplanten Abbau von Diskriminierungen (insbesondere durch das sogenannte ), denen trans*Personen seit jeher ausgesetzt sind. Institutionelle und strukturelle Diskriminierungen durch Fremdbestimmung lassen die grundgesetzlich festgeschriebene Gleichheit außer acht. Seit vielen Jahren fordert die trans*Community deshalb geschlechtliche Selbstbestimmung – Einfach selbst bestimmt. 

Fachliche Beiträge und persönliche Berichte

Der Sammelband enthält rund 18 Beiträge zu diesem Thema, eingebracht von Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Psychotherapeut*innen. Er möchte ein differenziertes Bild von dem schaffen, was jenseits der Geschlechternormen liegt und kann so dem diffamierenden Sammelband von Alice Schwarzer und Chantal Louis, der im selben Verlag erschienen ist, entgegentreten.  

Dies gelingt den beiden Herausgeberinnen auf unaufgeregte Art und Weise. Sachliche, fundierte Texte neben ergreifenden realen persönlichen Erlebnissen schaffen es, den Lesenden einen tieferen Einblick ins Thema zu verschaffen. Viele Aspekte werden beleuchtet. So bekommen die Themen Nicht-Binarität und Detransition ausreichend Raum. Seine größte Stärke entfaltet der Sammelband mit den persönlichen Geschichten verschiedener trans*Personen sowie Eltern von trans*Kindern. Hier wird deutlich, warum Transgeschlechtlichkeit ein Querschnittsthema ist. Thies Schönegge, Katrin Zachmann, Julana Gleisenberg und Eli Kappo zeigen eindrücklich auf, warum trans* zu sein keine Entscheidung und keine Frage des Alters ist.

Irina Nekrasov/a und Heik Zimmermann (Koordination Kompetenzzentrum Trans* und Diversität der dgti) zeigen zudem auf, wieso starre, binäre Geschlechterkonzepte nicht stimmig sind und bei einem alle Familienmitglieder mitgedacht werden müssen.  

Selbstbestimmung, Fakten statt Mythen

Die einführenden Texte in „Einfach selbst bestimmt“ zur (geschlechtlichen) Selbstbestimmung von Nora Eckert und sind jeweils für sich gelungen und stark, zusammen nehmen sie sich aber jeweils ein wenig die Kraft. Hier wäre einer der beiden Beiträge ausreichend gewesen. Durchaus gelungen ist die Auswahl der Texte zu Sachthemen, ob es zur Diskussion um Sprache, die rechtliche Lage und Aussichten oder Fakten und Zahlen sind.

Felicia Ewert zeigt auf, dass Sprache nicht starr ist und sich immer wieder wandelt und neu (er)findet, während Cornelia Kost (Mitglied des Vorstands der dgti), aktuelle Desinformationskampagnen entlarvt und sachlich Zahlen und Fakten zur geschlechtlichen Vielfalt präsentiert. Julia Monro und Katrin Frank decken in ihren Beiträgen weitere Mythen auf und erläutern wichtige Begriffe und Zustände aus der Lebenswirklichkeit von trans*Personen.  

Theologie und Neurowissenschaften

Dorothea Zwölfer hingegen beleuchtet die Transgeschlechtlichkeit aus einer anderen Perspektive, mit der Verzahnung von Neurowissenschaften und Theologie. Eine durchaus spannende und lesenswerte Angelegenheit, die erstmals der 2016 entstandene Tagungsband „Transsexualität in Theologie und Neurowissenschaften” ausführlich betrachtete.  

Aus kulturwissenschaftlicher Perspektive ist es jedoch etwas enttäuschend, dass hier nur eine christliche Perspektive aufgezeigt wird, und mit dem „Argentinischen Weg“ nur ein Beispiel aufgeführt wird, dass Transgeschlechtlichkeit in allen Kulturen und Kontinenten zu finden ist. So fehlen trans* BIPOC*Perspektiven gänzlich. Der Beitrag zu Argentinien ist allerdings dennoch erfreulich, da Argentinien das erste Land mit einem Selbstbestimmungsgesetz war und somit unseren trans*Geschwistern etwas ermöglichte, worauf wir hierzulande immer noch warten. Wir wollen nämlich einfach nur unsere Leben leben, im richtigen , welches auch immer dies ist – Einfach selbst bestimmt.  

Therapeutische Praxis bei Kindern und Jugendlichen

Sabine Maur und Kathrin Bach schildern mit ihren Beiträgen aus der Praxis heraus, wie die therapeutische Begleitung von transgeschlechtlichen Jugendlichen abläuft und mit welchen Themen und Hürden hier zu arbeiten ist. Die Beiträge glänzen fachlich, im zweiten Beitrag hätte Bach bei einer Fallbeschreibung etwas klarer sein können, damit keine Missverständnisse entstehen. Insgesamt nimmt dies aber der Stärke der Beiträge angesichts der Brisanz der Thematik nicht den Drive, denn transfeindliche Narrative über trans*Kinder und Jugendliche werden sachlich widerlegt und die ethische Grundhaltung der Begleittherapie verdeutlicht, anders als bspw. in dem Sammelband von Alice Schwarzer, wo es von Mythen und Halbwissen nur so wimmelt.  

Fazit

Das Anliegen der beiden Herausgeber*innen, mit diesem Sammelband die Lebenswirklichkeiten von transgeschlechtlichen Menschen positiv zu erzählen und diese einem Publikum näherzubringen, das sonst kaum mit dem Thema in Berührung kommt, ist abschließend betrachtet gelungen. Eine klare Kaufempfehlung für alle Interessierten.  

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Erscheinungstermin 7.3.2024. 

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