Große Anfrage im Bundestag – Soziale und gesundheitliche Situation von LSBTI* Personen

Bundestag Sitzungssaal
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Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Antwort auf ihre große Anfrage BT 19/28233 nach über einem Jahr Wartezeit erhalten.

Die Antworten der Bundesregierung sind insgesamt durch Unwissenheit, Desinteresse und teilweise Falschinformationen der Institutionen geprägt, die die Bundesregierung um Auskunft zwecks Beantwortung der Anfrage gebeten hat.

Beispielhaft ist die Antwort zu Frage 136:

„Hat die Bundesregierung Informationen über die derzeitigen Wartezeiten bei für transgeschlechtliche Kinder und Jugendliche spezialisierten Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen, und hält die Bundesregierung die Anzahl der für transgeschlechtliche Kinder und Jugendliche spezialisierten Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen für ausreichend?“

„Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Informationen vor. Bei den Kassenärztlichen Vereinigungen sind keine Beschwerden zu Wartezeiten für Termine bei entsprechend spezialisierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bekannt. Zwei Kassenärztliche Vereinigungen berichten von bestehenden Ermächtigungen zur psychotherapeutischen Behandlung von transgeschlechtlichen Menschen bzw. zur Behandlung von Geschlechtsidentifikationsstörungen. In zwei weiteren Kassenärztlichen Vereinigungen sind Anträge auf Sonderbedarfszulassungen für entsprechend spezialisierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geprüft, aufgrund der ausreichenden Versorgungslage jedoch abgelehnt worden.“

Die Bundesregierung lässt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KV) antworten, die den Unterschied zwischen dem Angebot Sexualtherapie und einem Begleittherapieangebot für Trans* geflissentlich übersieht.

Alles in Ordnung, ausreichende Versorgung, von Wartezeiten weiß man nichts ?

Wir haben zur Ermittlung des Therapieangebots immer wieder Kassenärztliche Vereinigungen angefragt.

Beispielhaft ist eine uns vorliegenden Liste der Kassenärztlichen Vereinigung RLP: In Rheinland-Pfalz soll es demnach 15 Spezialist*innen für trans* Kinder und Jugendliche geben. Wir haben sie ALLE abtelefoniert und das Ergebnis der KV mitgeteilt.

Ergebnis: Es sind tatsächlich nur 5 mit Kassenzulassung, die anderen konnten sich nicht erklären, was sie mit Trans* zu tun haben. Die „ausreichende Versorgungslage“ besteht also zu zwei Dritteln aus Fachkräften, die zum Thema Trans* keine Expertise haben und/oder nichts damit zu tun haben wollen. Mit dieser haltlosen Begründung werden dann Anwärter*innen auf einen Kassensitz abgelehnt. Nachgebessert hat die KV ihre Listen nach unserer Kenntnis bisher nicht.

Ausweichen in ein anderes Bundesland ist schwierig bis unmöglich. Von der Entfernung einmal abgesehen, bieten einige Kliniken keine Therapieplätze für Menschen aus anderen Bundesländern an, weil sonst einfach die Wartezeiten zu hoch werden, oder ein Therapieangebot wie z. B. an der Universitätsklinik Würzburg wird kurzfristig geschlossen. In Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg bleibt in der Regel nur die Fahrt nach Berlin oder Leipzig.

Die Folge: Eltern mit ihren trans* Kindern und Jugendlichen werden abgewiesen oder müssen 100 km oder mehr zur Therapie fahren. Abgesehen davon kann man an Therapeut*innen geraten, die ihre Agenda der grundsätzlichen Verweigerung jedweder medizinischen Intervention verfolgen. Dann heißt es erneut auf die Suche gehen.

Wir haben die Bundesregierung aufgefordert dazu Stellung zu nehmen und den Ausschuss für Gesundheit im Bundestag informiert.

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