Urteil des EGMR zu trans* Elternschaft

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte EGMR lehnte mit seinem am 4.4.2023 veröffentlichten Urteil eine Beschwerde eines deutschen trans*Manns ab, der nicht als „Mutter“ seines Kindes in der Geburtsurkunde stehen wollte. Ein enttäuschender Ausgang eines rund 10-jährigen Kampfes um Anerkennung. Neben dem Verfahren des Mannes, der als Mann ein Kind gebar, wurde zudem in dem Verfahren einer trans* Frau negativ entschieden, die ein Kind zeugte und nicht als Vater eingetragen werden wollte. Ganz umsonst waren die beiden Verfahren allerdings nicht: Der EGMR überlässt es der deutschen Gesetzgebung, hier nachzubessern, wie es auch die angekündigt hat. Die dgti begrüßt die im Koalitionsvertrag festgelegte Änderung des Abstammungsrechts. Die Abschaffung dieser Diskriminierung ist ein langer Weg und ein harter Kampf – und es ist eines der geplanten Gesetze der Ampelkoalition, die die ganze queere Community betreffen.

Die Gesetzesänderung im BGB und die Reformierung des Abstammungsrechts sind längst überfällig. Damit würde die Ampelkoalition ein weiteres Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen. Zukünftig sollen mit korrektem Eintrag in den Geburtsurkunden ihrer stehen, so sollen auch lesbische Mütter gemeinsam ab Geburt als Eltern gelten. Die und die sollen mit der Reform keine Ausschlusskriterien mehr sein, wie in den beiden Fällen hier oder in den „Nodoption“-Verfahren, die derzeit beim Bundesverfassungsgericht liegen.

Die bisherige Regelung im BGB, dass nur als „Mutter“ ihres Kindes eingetragen werden können, baut auf einem antiquierten Familien- und Rollenbild auf. Die Überhöhung der Mutterrolle stammt noch aus dunklen Zeiten der Geschichte. Spätestens mit dem Wegfall der OP-Pflicht im und damit nachgewiesener Zeugungsunfähigkeit 2011 sowie durch die Einführung der vierten Option im Personenstandsregister, dem Eintrag „divers“, hätte der Gesetzgeber hier nachbessern müssen. Zwangsoutings oder gar Verweigerung der von *Personen (trans*geschlechtliche, inter*geschlechtliche und nichtbinäre Personen) sind regelmäßig die Folge.

Begründet hatte das Gericht die Ablehnung unter anderem mit dem Interesse des Kindes an seiner Abstammung. Zu glauben, dass tin*Eltern ihren gezeugten und geborenen Kindern nichts über ihre Abstammung erzählen würden, zeugt von völliger Unkenntnis der sozialen Realität von queeren Familien. Längst gibt es Kinderbücher zu trans*Elternschaft und inklusive Aufklärungsbücher, wie Kinder entstehen.

Wir fordern die rasche Umsetzung der Abstammungsrechtsreform durch die Bundesregierung. Nur so lässt sich die institutionelle Diskriminierung queerer Eltern und Familien beenden.

Jenny Wilken

Bundesgeschäftsstelle der dgti e.V.

Teilen auf:

Begriffe der letzten 30 Tage
Nordrhein-Westfalen genderfreedom genderexpression Queer LGBTQ+ Aufklärung Genderaffirmation Vielfaltleben Ally-Strategien Antidiskriminierungsarbeit genderfluid LGBTQ+ Bundestag equality Peer-to-Peer-Angebote TransSupport intergeschlechtlich Trans* und Inter* Rechte nonbinary geschlechtslos dgti Suizidprävention Selbstbewusstsein Geschlechtsangleichende Maßnahmen Allies Diversität Unterstützung Hormone AOK Rheinland-Pfalz/Saarland Gendergleichheit Selbstakzeptanz Laserbehandlung Misgendern queere Sichtbarkeit GenderDiversity Betterplace trans* Medizinische Maßnahmen gesellschaftliche Akzeptanz Genderqueer Genderverständnis Genderaufklärung trans Transgender Transgesundheit trans Personen queere Unterstützung Geschlechtervielfalt LGBTIQ+-Gemeinschaft genderidentity mentale Gesundheit emotionale Bedeutung Rheinland-Pfalz Hassgewalt globale LGBTIQ Rechte LSBTI Queerfeindlichkeit Körperanpassung körperveränderung Geschlechtsidentität Transrechte inklusive Bildung Nichtbinär LGBTQ+-Jugendgruppen agender Pronomen Hormontherapie psychische Gesundheit transition Pride Populismus queerfreundliche Räume prominente Allies Haarentfernung wahlprogramm Cisgender Dysphorie familiäre Netzwerke TransCommunity Geschlechtsdysphorie Empowerment queerer Identitäten Geschlechtsangleichung Vielfalt fördern Selbstbestimmung LGBTQ Elektroepilation Genderakzeptanz Inklusion LGBTQIA Selbstbestimmungsgesetz Bartpflege Gesellschaft Empathie Genderneutral Genderdiversität Baden-Württemberg Akzeptanz CDU/CSU

Weitere interessante Artikel

Broschüre Selbstbestimmungsgesetz verstehen

Broschüre „Selbstbestimmungsgesetz verstehen“ – Alle wichtigen Informationen für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern und Sorgeberechtigte

Broschüre zum Selbstbestimmungsgesetz: Hallo und herzlich Willkommen, du hast dich mit deiner Familie entschieden, deinen Vornamen und deinen Personenstand zu ändern. Hierfindest du gute Tipps und Informationen, wie das funktioniert. Vielleicht hast du Fragen wie: All diese Fragen beantworten wir dir in unserer Broschüre. Diese ist weiter unten zum Download

Weiterlesen »
Hormontherapie

Hormontherapie bei trans* Personen: Fakten, Veränderungen und Grenzen einfach erklärt

Die Hormontherapie ist für viele trans* Personen ein entscheidender Schritt, um ihren Körper ihrer Geschlechtsidentität anzugleichen. Sie bewirkt tiefgreifende körperliche und psychische Veränderungen, hat jedoch auch biologische Grenzen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Wirkungen der Hormontherapie, beleuchtet Vorteile und Nebenwirkungen und klärt sachlich über realistische Erwartungen auf. Physische

Weiterlesen »