Ein Ticketportal, das nicht-binäre Menschen unberücksichtigt lässt und nur die Anrede Herr oder Frau erlaubt, diskriminiert. Robin Nobicht hatte deshalb zusammen mit der Frankfurter Rechtsanwältin Frederike Boll gegen die Vertriebstochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG geklagt.
Das Unternehmen muss nun sein Ticketportal umstellen und eine Auswahlmöglichkeit bei der Anrede für nicht-binäre Personen schaffen. Sollte dies nicht innerhalb der gesetzten Frist umgesetzt sein, drohen Strafzahlungen bis zu 250000 €, so ein Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M., Az: 9 U 84/21 vom 13.4.2022.
Berufung aus formalen Gründen abgewiesen:
Das OLG verwarf die Berufung der Vertriebstochtergesellschaft DB Vertrieb GmbH der Deutschen Bahn aus formalen Gründen. Damit wurde der vorangegangene Beschluss des LG Frankfurt vom 6. August 2021 (AZ 2-30 O 154/20) rechtskräftig.
Die dgti hat seit dem Beschluss des Landgerichts im August 2021 zahlreiche Ticketportale aufgefordert ihre IT-Systeme umzustellen, mit einer Erfolgsquote von ca. 75 %. Besonders die Großen in der Branche wie cts Eventim oder doctolib hatten zwar Besserung versprochen, aber binnen eines halben Jahres nichts umgesetzt.
Mit diesem Urteil des OLG Frankfurt dürfte sich das ändern. doctolib hat in einer Reaktion auf unseren Hinweis zum OLG Beschluss mitgeteilt, dass die Herr/Frau Angabe als Pflichtfeld aufgehoben und in nachgeordneten Systemen weitere Auswahlfelder hinzugefügt wurden.
Unser Dank geht an die Aktivist*innen, von tin* Rechtshilfe, die diesen Beschluss erreicht haben.
Strafzahlungen Ja – Entschädigung für diskriminierendes Verhalten Nein ?
Am 31.5.2022 findet am OLG Frankfurt am Main eine weitere Verhandlung statt, in der geklärt werden soll, ob in gleichartigen Fällen auch eine Entschädigung an Kund*innen gezahlt werden muss. Die klagende Person René_ Rain Hornstein bittet zu diesem Termin um Unterstützung. Mit dem Beschluss vom 13.4.2022 wurde bereits festgestellt, dass eine Diskriminierung vorliegt, und in diesem Punkt hat das OLG Frankfurt eine andere Haltung als das Landgericht Frankfurt angenommen. Das macht eine Entschädigung erst möglich und am 31.5.2022 kann über die Höhe entschieden werden. Unternehmen, die ihre Ticketportale nicht umstellen, laufen dann Gefahr, verklagt zu werden.
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