Pressemitteilung zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD
CDU/CSU wollen zusammen mit der SPD die Regierungsverantwortung übernehmen und haben ihren Koalitionsvertrag präsentiert.
Regierungsverantwortung bedeutet auch, Minderheitenrechte zu schützen und bestehende Diskriminierungen aktiv abzubauen. Dieses Versprechen geben die drei Parteien auch ab, doch es folgt die Ernüchterung.
Kein Wort findet sich zur Ergänzung des Art3(3) GG, um die geschlechtliche und sexuelle Identität zweifelsfrei zu schützen, sowie zum Nationalen Aktionsplan und dem Amt des Queerbeauftragten. Eine Verstetigung des „Nationalen Aktionsplans Queer Leben“ und einer Queerbeauftragten Person der Bundesregierung muss gewährleistet werden. Queere Menschen, ihre Angehörigen und Freund*innen machen ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands aus. Diese Personen brauchen eine Repräsentanz und Ansprechperson in der Bundesregierung. Das Amt muss zudem ausgebaut werden, um den Schutz vor Queerfeindlichkeit, die strukturelle Berücksichtigung der Belange von LSBTIQ* in der Bundesverwaltung und die Förderung der Akzeptanz und Sichtbarkeit von LSBTIQ* in der Gesellschaft voranzutreiben.
Queere Geflüchtete geraten in Lebensgefahr und ein unverändertes Abstammungsrecht setzt weiterhin trans* Eltern Diskriminierungen aus, wenn sie ihre Kinder in der Schule anmelden.
Beim Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) soll nun schon bis spätestens 31.7.2026 eine Evaluierung vorgenommen werden, im Gesetz war dafür ein Zeitraum von bis zu 5 Jahren vorgesehen.
Was bedeutet das? Im Koalitionsvertrag wird sichtbar, dass die z.T. aus den USA geförderten Hass- und Desinformationskampagnen den Diskurs soweit vergiftet haben, dass man für Kinder und Jugendliche eine imaginäre Gefahr sieht, um die man sich kümmern müsse. Märchen von „sozialer Ansteckung“ durch Trans* unter Jugendlichen und antifeministische Erzählungen von trans* Frauen, deren Lieblingsbeschäftigung es sei, cis Frauen zu übervorteilen oder sie zu belästigen haben versteckt hinter scheinbar harmlosen Sätzen zum Frauenschutz in den Koalitionsvertrag Einzug gehalten.
Ahnungslosigkeit und Ignoranz im Koalitionsvertrag
Es geht mit pathologisierenden Bezeichnungen weiter. Wie man so die Rechte von „Trans- und Intersexuellen“ Menschen wahren möchte, ist uns schleierhaft. Kein Wort zum löchrigen Gesetz zum Verbot von Konversionsbehandlungen, kein Wort zum löchrigen Gesetz zum Verbot von Operationen an intergeschlechtlichen Kleinkindern im Koalitionsvertrag. Im Abschnitt „Geschlechtliche Vielfalt“ hätten wir Begriffe wie nicht-binär erwartet, stattdessen zeigt man den Bürger*innen Ignoranz und schreibt dort „sexuelle Orientierung“ hinein.
Die Fristsetzungen im aktuellen SBGG zur Abgabe der Erklärung zur Änderung von Vornamen- und Geschlechtseintrag sind kritikwürdig und stehen im Zielkonflikt mit europarechtlichen Vorgaben und einem Bundesratsbeschluss, die ein schnelles und unkompliziertes Verfahren vorsehen. Diese Fristen kritisch evaluieren zu wollen, um sie wohl zu verschärfen, ist das genaue Gegenteil. Die Nachverfolgbarkeit von Namensänderungen ist durch das Bundeszentralregister bereits gegeben und bedarf keiner Anpassung.
Trans-Gesundheitsversorgung absichern!
In Punkto Gesundheitsversorgung wurde vereinbart, dass medizinische Vorsorge, Behandlung und Forschung geschlechts- und diversitätssensibel (inklusive queere Menschen) ausgestaltet wird und dabei die speziellen Bedürfnisse in jedem Lebensabschnitt aller Geschlechter berücksichtigt werden. Ein gleichberechtigter und allgemeiner Zugang zu einer fachgerechten Gesundheitsversorgung ist zwar in der Charta der europäischen Grundrechte (Art. 35) festgeschrieben, aber bislang aufgrund vielfacher Diskriminierungen, regionalen Versorgungslücken und Systemversagen nicht gegeben.
Wir fordern daher ausdrücklich die grundsätzliche gesetzliche Verankerung eines Anspruchs auf selbstbestimmte geschlechtsangleichende Maßnahmen im SGB V – für alle trans*, inter* und nicht-binären Personen, einschließlich einwilligungsfähiger Minderjähriger, sofern sie medizinisch angezeigt sind.