Anhörung Gesetzentwürfe zu Gesetzen zur geschlechtlichen Selbstbestimmung (BT 19/19755, BT 19/20048) und Verbot von genitalverändernden Operationen an Kleinkindern (BT 19/17791)
Die Gesetzentwürfe und schriftlichen Stellungnahmen zur Anhörung einschließlich die der dgti e. V. sind hier zu finden. Die von der SPD und den Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke geladenen Sachverständigen sehen keine rechtlichen Bedenken einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag im Personenstandsregister ohne „Plausibilitätsprüfung“ zuzulassen. Einen Konflikt mit Förderprogrammen für Frauen durch den einfacheren Zugang von trans* Frauen sehen diese Sachverständigen nicht. Deutliche Unterschiede traten in der verfassungsrechtlichen Bewertung von Prof. Dr. Ulrike Lemke, Dr. Laura Adamietz, Prof. Dr. Anne-Katherina Mangold einerseits und Prof. Dr. Florian Becker andererseits bezüglich der Notwendigkeit und Zulässigkeit einer Begutachtung im Rahmen einer Personenstandsänderung zu Tage.
Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* betonte ausdrücklich Hintergründe und Notwendigkeit einer Entschädigung für zugefügtes Leid aus dem Scheidungszwang (bis 2008) und dem Erfordernis der Unfruchtbarkeit (bis 2011) im Transsexuellengesetz. Dr. Alexander Korte vom Klinikum der Universität München sieht die Einwilligungsfähigkeit trans* Jugendlicher als überwiegend nicht vorhanden und stellt die Beurteilung der Medizin über das Selbstbestimmungsrecht der Jugendlichen. Fr. Lemke bezeichnete diese Haltung als überheblich. Hr. Korte kritisiert die Übersetzung von DSD – Differences of Sexual Development – in Varianten der Geschlechtsentwicklung und verwendet den veralteten und pathologisierenden Begriff der Störung (Disorders of Sexual Development). Zum Abschluss der Anhörung forderte Hr. Korte die Bundesregierung auf, auf das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetz zum Verbot genitalverändernde Operationen an Kleinkindern zu verzichten.
In Ergänzung zu den Forderungen aus dem Gesetzentwürfen fordert die dgti e. V. ein Mitspracherecht für alle benachteiligten Gruppen, d. h. nicht nur trans* und inter* Personen, sondern alle, die sich kein Gehör im Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärztekammer und Krankenkassen verschaffen können, z. B. Selbstorganisationen von Behinderten. Die Gesetzentwürfe zum Verbot genitalverändernder chirurgischer Eingriffe an Kleinkindern bedürfen einer Ergänzung um „akute“ Gesundheitsgefahr bei den Ausnahmen im Gesetz, weil es sonst zu viele Möglichkeiten gibt, das Verbot zu umgehen.