Hormontherapie im Alleingang: Warum dieser Weg in eine lebensgefährliche Sackgasse führen kann

Wenn der Weg zur professionellen Hormontherapie steinig ist, die Wartelisten endlos erscheinen oder die Hürden unüberwindbar wirken, wird die Versuchung groß: Hormone selbst zu beschaffen. Das Internet verspricht schnelle Lösungen, von Präparaten bis zu Anleitungen. Doch was zunächst wie ein Ausweg aussieht, ist in Wahrheit ein Spiel mit der eigenen Gesundheit – ein Spiel, das nicht zu gewinnen ist.

Als Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e. V. (dgti) sehen wir die Verzweiflung vieler TINA*-Personen. Gleichzeitig müssen wir in aller Deutlichkeit warnen: Eine Hormontherapie ohne ärztliche Begleitung ist keine Abkürzung, sondern ein unkalkulierbares Risiko.

Wenn der eigene Körper zum unkontrollierten Versuchslabor wird

Der menschliche Körper ist wie ein fein abgestimmtes Orchester. Hormone sind die Dirigent*innen, die für Harmonie sorgen. Ein eigenmächtiger Eingriff ohne Fachwissen bringt dieses Orchester aus dem Takt – mit potenziell katastrophalen Folgen. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie warnt nicht ohne Grund eindringlich vor einer solchen Eigentherapie. Die Risiken sind real und vielfältig.

Hier sind die gravierendsten Gefahren, vor denen Expert*innen warnen:

  • Schwerwiegende Leberschäden: Die Leber ist das Hauptorgan für den Abbau von Hormonen. Eine falsche Dosierung oder die Einnahme von ungeprüften Präparaten überlastet sie massiv und kann zu dauerhaften, irreversiblen Schäden führen (Quelle).
  • Thrombosen und Lungenembolien: Besonders östrogenhaltige Präparate erhöhen das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen) erheblich. Diese können durch den Blutkreislauf wandern und eine lebensbedrohliche Lungenembolie oder einen Schlaganfall auslösen (Quelle).
  • Unentdeckte Krebserkrankungen: Ohne regelmäßige ärztliche Kontrollen können hormonempfindliche Tumore, wie bei Brust oder Gebärmutterschleimhaut, unbemerkt wachsen. Eine Früherkennung, die Leben retten kann, findet nicht statt (Quelle).
  • Herzinfarkt durch falsche Dosierung: Das Hormonsystem hat direkten Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Eine falsche Dosierung kann den Körper in einen akuten Stresszustand versetzen und im schlimmsten Fall einen Herzinfarkt auslösen.

Das Schwarzmarkt-Roulette: Was steckt wirklich in der Pille?

Wer Hormone ohne Rezept beschafft, landet unweigerlich auf dem Schwarzmarkt – oft im Internet oder über soziale Medien. Wir können es nicht genug betonen: Diese Präparate sind eine Blackbox. Sie unterliegen keiner Qualitätskontrolle.

Das bedeutet konkret:

  • Die Wirkstoffkonzentration ist oft falsch oder schwankt stark.
  • Die Präparate können mit schädlichen oder unbekannten Substanzen verunreinigt sein.
  • Sie könnten unter unhygienischen Bedingungen hergestellt oder falsch gelagert worden sein (Quelle).

Das ist ein tägliches russisches Roulette mit der eigenen Gesundheit.

Warum professionelle Begleitung unverzichtbar ist

Eine sichere Hormontherapie ist immer eine individuelle Therapie. Nur eine ärztliche Begleitung kann die nötige Sicherheit gewährleisten, denn sie umfasst entscheidende Schritte, die bei einer Eigentherapie komplett fehlen:

  1. Sorgfältige Voruntersuchungen: Bevor eine Therapie beginnt, müssen Risikofaktoren wie Lebererkrankungen, Thromboseneigung oder hormonempfindliche Tumore ausgeschlossen werden (Quelle).
  2. Regelmäßige Blutkontrollen: Nur durch die Überwachung der Hormonspiegel und Organwerte (insb. Leberwerte) kann die Dosis korrekt eingestellt und gefährliche Entwicklungen frühzeitig erkannt werden. Zu Beginn sind Kontrollen alle drei Monate, später alle 6-12 Monate, unerlässlich (Quelle).
  3. Psychische Unterstützung: Hormonelle Veränderungen beeinflussen auch die Psyche. Depressionen und Stimmungsschwankungen können auftreten. Eine professionelle Begleitung fängt diese Belastungen auf und verhindert, dass sie zu einer ernsthaften Krise führen.

Unter professioneller Aufsicht ist die Hormontherapie ein Segen mit einem gut managebaren Risikoprofil. Ohne diese Aufsicht überwiegen die Gefahren bei Weitem den Nutzen.

Hormontherapie

Unser Appell: Es gibt einen sicheren Weg!

Wir verstehen, dass der Weg zu einer professionellen Hormontherapie mit Frust und langen Wartezeiten verbunden sein kann. Doch dieser Weg ist der einzig sichere. Unsere Aufgabe als dgti ist es, zu ermutigen und zu unterstützen, diesen Weg zu gehen.

Unsere Peer-to-Peer-Beratung: Hilfe von Mensch zu Mensch

Unsere erfahrenen und geschulten Peer-Berater*innen stehen mit Rat und Tat zur Seite. Sie kennen die Hürden aus eigener Erfahrung und helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und die richtigen Anlaufstellen zu finden. Dieses Angebot ist da – wir laden herzlich ein, es anzunehmen.
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