Logo der dgti

BGH-Beschluss zum § 45b Personenstandsgesetz vom 22.4.2020

Ehemaliges Erbgroßherzogliches Palais, heute Hauptgebäude des BGH, Karlsruhe, 2012
Ehemaliges Erbgroßherzogliches Quelle: Wikimedia. Palais, heute Hauptgebäude des BGH, Karlsruhe, 2012

Schockierender Beschluss am – Geschlecht ist kein Gefühl

Der Bundesgerichtshof () hat mit der “empfundenen ” die zahlreichen Versuche, die geäußerte juristisch in Worte zu fassen, um eine weitere Variante bereichert und dabei verkannt, dass ein gefühltes Geschlecht gar nicht existiert. Die Geschlechtszugehörigkeit ist kein Gefühl sondern – wie auch im Urteil vollkommen richtig ausgeführt – das verfassungsgerichtlich anerkannte von körperlichen Gegebenheiten unabhängige Wissen um die eigene Zugehörigkeit.

Julia Monro meint dazu: „Den Unwillen des Gesetzgebers sich mit dieser Thematik zu befassen, den verurteilen wir aufs Schärfste. Uns liegen u.a. Beschwerden von Ärztekammern vor, dass der Gesetzgeber eine verfassungsrechtliche Frage auf die Ärzteschaft abwälzt und anschließend deren Kompetenzbereich anzweifelt. Es hat außerdem eine ganz besondere Qualität wenn bereits im Gesetzgebungsverfahren auf Folgeprobleme hingewiesen wurde und nach Inkrafttreten innerhalb von nur einem Jahr die ersten Verfahren bereits die höchste Instanz erreichen. Zudem macht es schier fassungslos, wie nun ein höchstrichterlicher Beschluss längst bestehende Urteile des Bundesverfassungsgerichts ignoriert. Der Gesetzgeber hat 2017 einen klaren Auftrag erhalten eine bestehende Inkongruenz zwischen der Geschlechtszugehörigkeit und dem rechtlichen Personenstand berichtigen zu können. Daraus ergibt sich der “Zweck der Norm”, welcher eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten muss eine Kongruenz herstellen zu können. Der nun verwendete Sprachgebrauch des BGH ist schockierend und verdeutlicht, dass wir noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten haben.“

Petra Weitzel dazu: „Der BGH Beschluss ist widersprüchlich, unlogisch und verfassungswidrig. ermöglicht es, die rechtliche Geschlechtszugehörigkeit zu ändern, unabhängig davon, wie die aktuelle körperliche Verfasstheit und rechtliche Zuweisung bei der Geburt aussieht, in männlich, weiblich oder (divers oder kein Eintrag).

Die Selbstzuordnung ist für die jeweilige Wahl entscheidend und möglich. Der Gesetzgeber und jetzt der BGH wollen diese Selbstzuordnung jedoch nur bei einer bestimmten Personengruppe mit nach derzeitigem Stand messbarer geschlechtlicher Uneindeutigkeit anerkennen, obwohl sie nach der Terminologie des BGH auch dort letztlich immer “empfunden” wäre, wenn sie nicht zufällig divers oder kein Eintrag lautet.  Insofern ist dieser BGH Beschluss verfassungsrechtlich nicht haltbar.“

Hintergrund:

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.10.2017 erkannt, dass es verfassungswidrig ist, wenn das binäre Geschlechtssystem dazu zwingt zwischen weiblich und männlich wählen zu müssen. Dem Gesetzgeber wurde aufgetragen bis Ende 2018 einen weiteren positiven Geschlechtseintrag zu schaffen. Trotz der Hinweise auf Folgeprobleme wurde eine stark kritisierte „Minimallösung“ verabschiedet. Nachdem die praktische Anwendung dem Bundesinnenministerium missfiel, versuchte dieses mit einem einschüchternden Rundschreiben, dessen rechtliche Zulässigkeit umstritten ist, die Deutungshoheit über das Gesetz zu erlangen. Dieses hatte zahlreiche zur Folge weil Standesämter anschließend eine Kontrollfunktion einnahmen und gerichtliche Entscheidungen forderten. Letztendlich lag es nach einem Jahr am BGH eine höchstrichterliche Entscheidung zu treffen. Es ist das erste Urteil aus einer Reihe weiterer Verfahren, die noch beim BGH anhängig sind.

Link zum BGH-Beschluss (XII ZB 383/19): https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2020&Seite=1&nr=106062&pos=41&anz=731&Blank=1.pdf

https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K2/st18-11/

https://eufbox.uni-flensburg.de/index.php/s/WwkHJkHaEaHpkQk (das Rechtsgutachten zu „Variante der Geschlechtsentwicklung in §45b PStG“ im Auftrag des BMFSFJ spricht von „Einschüchterung“)

https://www.personenstandsrecht.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/PERS/DE/rundschreiben/2019/0122-aenderung-geburtenregister.htm 

Unsere : Pressemitteilung

Teilen auf:

Begriffe der letzten 30 Tage
§ 175 Menschen Stockholm San Francisco Geschlecht transition Staatsbürgerschaft LGBT-Reisen Brighton instagram Montevideo Alkohol Studien Strategien Genderidentität Einblicke aus der Schulpsychologie Genderqueer Qualitätsstandards Achtsamkeit TIN*-Personen Anerkennung Transsexualität globale LGBTIQ Rechte Beratung Trans* Frauen Sydney gender nicht-binäre Veranstaltung Selbstakzeptanz Kritik nonbinary transident Deutschland Weltweit queere Menschen nicht-binär peer-to-peer Vorstandsmitglied Filmabend Europa Ziele Identität München transfeindlich Queer geschlechtliche Identität Humor Intergeschlechtliche Personen Haustiere Menschenrechte Psychotherapie CSD Mykonos Geschichte Schule trans* Personen Gleichberechtigung Geschlechtsangleichung Gerichtsverfahren Erklärung Toronto Amsterdam Geschlechtsmerkmale Selbstbestimmungsgesetz geschlechtsangleichende Operationen Wohlbefinden LGBTIQ-freundliche Reiseziele LSBTIQ Nicht-binäre Personen Psychotherapeuten Kopenhagen emotionale Unterstützung Queere Schüler*innen und die Schulpsychologie Taipeh Kosten Jugendliche TIN queere Schüler*innen aus schulpsychologischen Perspektive dgti Reisetipps LGBTIQ Spende Toleranz nicht binär Arbeit Medizin Geschlechtsinkongruenz Einladung zum 6. Qualitätszirkel Queere Bildung SBGG Kinder Intergeschlechtlichkeit Entscheidung (Gericht) Ressource Regenbogen Beratungsstelle Qualitätszirkel Sensibilisierung Transgender Barcelona angleichende Maßnahmen Hasskriminalität LGBTIQ Medizinische Eingriffe bei Jugendlichen Therapie Diversität Klage Transidentität Haustierwahl Reiseziele Intersexualität Klo-Angst Stellungnahme Stuttgart Geschlechtseintrag Coming-out Sichtbarkeit Reykjavik LGBTIQ Community Deadname LGBTIQ-Szene Nonbinär trans* Frau Geschlechtsangleichende Maßnahmen Kapstadt Standesamt Frankfurt am Main LSBTIQ* Abstammungsrecht Sendung mit der Maus Geschlechtsidentität Hamburg Psychotherapeut LGBTIQ+ Köln Journalistin Unterstützen Misgendern Tiere Recht Unterstützung Vielfalt LGBT Drogen trans* Transfeindlichkeit Reiseführer Austausch LGBTIQ Gesetze Beleidigung Trans* Rechte Berater*innen Janka Kluge Berlin Erfahrungen AGG Reisen Gesundheit Sicherheit Transgender Day of Visibility Diskriminierung Rat Selbstbestimmung Inter* Rechte Düsseldorf TINA* enby Oberlandesgericht Inter* Stonewall Tel Aviv ICD-11 Selbsthilfegruppe LGBTIQ-Reisen Akzeptanz

Weitere interessante Artikel

Queere Schüler*innen und die Schulpsychologie

Queere Schüler*innen und die Schulpsychologie

Einladung zum 6. Qualitätszirkel Queere Bildung am 04.09.2024 Liebe Teilnehmende des QZ Queere Bildung, vor der großen Sommerpause möchte ich euch hiermit herzlich zum 6. QZ Queere Bildung am Mittwoch, den 04.09.2024, 18:00 – 19:30 Uhr Ort: Online über Microsoft Teams Anmeldungen bitte an über judit.grimm@dgti.org einladen. Dieses Mal ist unser Thema: Queere

Weiterlesen »
Nicht-binär ≠ trans? Reel on Instagram https://www.instagram.com/reel/C9aKZHas5uK

Sind nicht-binäre Personen trans*?🏳️‍⚧️

Nicht-binäre Personen können als trans* betrachtet werden, da sie sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Trans* ist ein Oberbegriff, der alle Geschlechtsidentitäten umfasst, die von der bei der Geburt zugewiesenen Geschlechtsidentität abweichen. Dies schließt nicht-binäre Personen ein, die sich weder ausschließlich als männlich noch als weiblich identifizieren oder deren Geschlechtsidentität außerhalb des binären Geschlechtersystems liegt.

Weiterlesen »
FAQ zum SBGG

FAQ zum SBGG 2024

FAQ zum SBGG – Selbstbestimmungsgesetz (Stand Juli 2024) Das Selbstbestimmungsgesetz – Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG), tritt am 01.11.2024 in Kraft. Es ermöglicht Personen, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht, die Angaben zu ihrem Geschlecht und ihre(n) Vornamen zu ändern. Auf dieser Seite

Weiterlesen »
Peer-Beratung und Unterstützung

Peer-Beratung: Warum du diese einzigartige Unterstützung nutzen solltest

Peer-Beratung ist eine Beratungsform, bei der Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und Lebenssituationen anderen Menschen in vergleichbaren Situationen Unterstützung und Begleitung anbieten. Die Berater*innen, können aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen ein hohes Maß an Verständnis und Empathie zeigen und praktische Ratschläge sowie emotionale Unterstützung geben. Warum ist Peer-Beratung so wertvoll? Der große

Weiterlesen »