In den letzten Jahren haben sich unsere Vorstellungen von Geschlecht grundlegend verändert. Immer mehr Menschen erkennen, dass sie sich nicht in das klassische binäre Geschlechtersystem einordnen können oder wollen – sie identifizieren sich weder als Mann noch als Frau. Ein Begriff, der dabei immer wieder auftaucht, ist Agender. Aber was genau bedeutet das? Kurz gesagt: Agender beschreibt eine Identität, bei der Geschlecht entweder keine Rolle spielt oder als irrelevant empfunden wird.
Was bedeutet „Agender“?
Das Wort Agender setzt sich aus „A-“ (ohne) und „Gender“ (Geschlecht) zusammen. Menschen, die sich als agender identifizieren, empfinden entweder gar kein Geschlecht oder sie fühlen sich völlig geschlechtsneutral. Dabei gibt es verschiedene individuelle Nuancen: Einige beschreiben sich als „geschlechtslos“, während andere Geschlecht als etwas Unbestimmtes oder Unwichtiges empfinden
Wichtig ist, zu verstehen, dass agender eine von vielen nicht-binären Identitäten ist. Das bedeutet, dass diese Personen sich außerhalb der traditionellen Kategorien „männlich“ oder „weiblich“ verorten
Agender Menschen lehnen das Konzept von Geschlecht oft vollständig ab, während sie dennoch Teil der nicht-binären oder genderqueeren Community sein können.
Agender und trans* – Was ist der Unterschied?
Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, dass agender und trans* dasselbe seien. Während viele trans* Personen sich einem anderen Geschlecht zuordnen oder dieses annehmen, empfinden sich agender Menschen als komplett außerhalb dieser Kategorien. Sie identifizieren sich weder mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht noch mit einem anderen. Einige agender Personen verstehen sich dennoch als Teil der trans* Community, insbesondere wenn sie eine Veränderung ihrer Geschlechtsdarstellung anstreben
Doch der Hauptunterschied liegt darin, dass trans* oft eine Bewegung zwischen Geschlechtern beschreibt, während agender Menschen Geschlecht als irrelevant empfinden.
Was ist der Unterschied zwischen Agender und gender-neutral?
Viele Menschen verwechseln den Begriff agender mit gender-neutral. Während gender-neutral oft verwendet wird, um Kleidung, Sprache oder öffentliche Räume zu beschreiben, die für alle Geschlechter offen sind, bezieht sich agender speziell auf die Geschlechtsidentität einer Person. Wer agender ist, empfindet sich selbst schlichtweg als „ohne Geschlecht“
Gender-neutral hingegen beschreibt häufig eine Einstellung oder einen Stil, der für alle Geschlechter gleichermaßen passend ist.
Die Agender-Pride-Flagge
Die Agender-Pride-Flagge ist ein starkes Symbol für diese Identität. Sie besteht aus sieben horizontalen Streifen in Schwarz, Grau, Weiß und Grün. Die schwarzen und weißen Streifen stehen für die Abwesenheit von Geschlecht, die grauen für eine Art von „Halbgeschlechtlichkeit“ und der grüne Mittelstreifen repräsentiert nicht-binäre Geschlechter
Diese Flagge wurde 2014 von einer Person namens Salem entworfen und hat sich seitdem als Symbol der Identität und des Stolzes der agender Community etabliert.
Wie fühlt es sich an, agender zu sein?
Viele Menschen fragen sich, wie es sich anfühlt, agender zu sein. Tana, eine agender Person, beschreibt es so: „Es ist schwer zu erklären, weil es eher ein Fehlen von Geschlecht ist, als dass man sich mit einem Geschlecht identifiziert. Ich bin einfach ich.“ Diese Aussage verdeutlicht die Herausforderung, sich in einem System zu definieren, das auf binären Geschlechterrollen basiert
Für viele agender Menschen ist es befreiend, ein Label für ihre Erfahrungen zu haben. Endlich gibt es einen Begriff, der ausdrückt, was sie fühlen: Sie müssen nicht in die traditionellen Geschlechterrollen passen und können einfach so sein, wie sie sich wohlfühlen
Herausforderungen und Missverständnisse
Trotz wachsender Akzeptanz in der LGBTQIA+-Community stehen agender Menschen noch immer vor großen Herausforderungen. Viele agender Personen berichten von mangelnder Sichtbarkeit und einem Mangel an Verständnis, sowohl in der breiteren Gesellschaft als auch innerhalb der LGBTQIA+-Community
Ein häufiges Missverständnis ist, dass Agender und Asexualität gleichgesetzt werden. Dabei handelt es sich um zwei unterschiedliche Aspekte der Identität: Während Agender sich auf die Geschlechtsidentität bezieht, beschreibt Asexualität das Fehlen sexueller Anziehung
Agender Personen sehen sich oft mit Diskriminierung und Mikroaggressionen konfrontiert, da ihre Identität nicht ernst genommen oder als „Phase“ abgetan wird. Diese Ablehnung kann zu Gefühlen der Isolation führen, was wiederum die mentale Gesundheit beeinträchtigen kann.
Wie du agender Menschen unterstützen kannst
Der erste Schritt zur Unterstützung agender Personen ist, ihre Selbstwahrnehmung zu respektieren. Verwende die richtigen Pronomen und Selbstbezeichnungen. Wenn du unsicher bist, frage einfach freundlich nach den bevorzugten Pronomen – das wird in der Regel sehr geschätzt
Eine großartige Gelegenheit, mehr über Agender-Identitäten zu lernen und sie sichtbarer zu machen, ist der Agender Pride Day am 19. Mai. Nutze diesen Tag, um Informationen zu teilen, Gespräche zu führen und für die Rechte von agender Menschen einzutreten
Agender zu sein bedeutet, sich von traditionellen Geschlechtskategorien loszulösen und Geschlecht als unwesentlich für die eigene Identität zu betrachten. Diese Identität zeigt, wie vielfältig das Spektrum der Geschlechtsidentitäten sein kann. Egal, ob du selbst agender bist oder dich als Ally verstehst – es gibt viele Wege, die Agender-Community zu unterstützen und ihre Sichtbarkeit zu fördern.
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