Stell dir vor, dein Geschlecht passt in keine der üblichen „männlich“ oder „weiblich“ Schubladen. Für viele non-binäre Menschen ist genau das Alltag. Wenn am 14. Juli der Non-Binary Day begangen wird, geht es um genau diese Realität jenseits der Zweigeschlechtlichkeit – um Sichtbarkeit, Vielfalt und um das Recht, man selbst zu sein. Dieser Aktionstag richtet sich an alle, die geschlechtliche Vielfalt erleben oder unterstützen, und will Bewusstsein schaffen: in Familien, Schulen, Ämtern und der ganzen Gesellschaft.
Doch warum ausgerechnet Mitte Juli? Was bedeutet es, non-binär zu leben, und warum ist Sichtbarkeit auch politisch? Im folgenden Beitrag werfen wir einen Blick auf die Hintergründe des Non-Binary Day, berichten von Herausforderungen und Erfolgen non-binärer Menschen – mit sensiblen Beispielen aus dem Alltag – und geben Anregungen, was jede*r tun kann, um Vielfalt zu feiern.
Was ist der Non-Binary Day?
Der International Non-Binary Day (auch: Non-Binary People’s Day) wird jedes Jahr am 14. Juli weltweit gefeiert. Er entstand 2012 aus einer Blog-Initiative der kanadischen Aktivist*in Katje van Loon. Nicht zufällig liegt das Datum genau in der Mitte zwischen dem Internationalen Frauentag (8. März) und dem Internationalen Männertag (19. November). Diese symbolische Platzierung unterstreicht, dass es jenseits von „Frau“ und „Mann“ weitere Geschlechtsidentitäten gibt, die Anerkennung verdienen.
Historischer Hintergrund: In Van Loons Worten: „Vor zehn Jahren rief ich den Tag ins Leben – genau auf halbem Weg zwischen Frauentag und Männertag“. Ziel war es, die Aufmerksamkeit auf nicht-binäre Menschen zu lenken, deren Anliegen oft im Schatten der binären Geschlechterordnung stehen. Seit seiner Einführung hat sich der Non-Binary Day zu einem globalen Symbol des Fortschritts entwickelt. Er „zerschmettert althergebrachte Schubladen der Geschlechterrollen“ und schafft einen Raum, in dem alle Identitäten gefeiert werden können. Mittlerweile gibt es sogar eine Non-Binary Awareness Week (Woche der nicht-binären Sichtbarkeit), die in den Tagen vor dem 14. Juli stattfindet, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu schaffen.
Was bedeutet es, non-binär zu leben?
Non-binär zu sein bedeutet, sich weder ausschließlich als männlich noch als weiblich zu identifizieren. Non-binäre Personen – manchmal auch enby (von NB) genannt – erleben ihr Geschlecht außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit. Das kann sehr unterschiedlich aussehen: Manche fühlen sich wechselnd eher männlich oder weiblich, andere irgendwo dazwischen, wieder andere komplett außerhalb dieser Kategorien. Nicht jede non-binäre Person ist trans*, aber viele trans* Personen, die sich weder als Mann noch Frau sehen, verwenden den Begriff non-binär. Wichtig ist: Non-binär zu sein ist genauso gültig wie jede andere Geschlechtsidentität – eine „normale Variante der Geschlechtsidentität“, wie eine aktuelle Übersichtsarbeit betont.
Im Alltag bedeutet non-binär zu leben oft, ständig erklären zu müssen, dass man weder „er“ noch „sie“ ist, sondern eventuell geschlechtsneutrale Pronomen verwendet. Viele nutzen im Deutschen ihren Vornamen oder Pronomen wie zum Beispiel xier, sie/er (abwechselnd) oder im Englischen they/them. Das persönliche Pronomen jeder Person sollte respektiert werden – das ist ein Zeichen von Wertschätzung. Doch nicht immer klappt das: Eine non-binäre Person berichtet, im Berufsleben sei es lange als „unprofessionell“ angesehen worden, they/them-Pronomen (also kein eindeutig männliches oder weibliches Pronomen) zu verwenden. Diese Haltung ändert sich langsam, aber sie zeigt die Unwissenheit, mit der Non-Binarys oft konfrontiert sind. Viele möchten für ihre Arbeit und Persönlichkeit geschätzt werden, statt ständig als „Sonderfall“ herauszustechen.
Non-binär zu leben heißt auch, in Formularen, Sprachen und Räumen zu existieren, die meist nur zwei Geschlechter kennen. Es bedeutet, vielleicht keinen passenden Anredepronomen zu haben, oder sich zwischen „Herr“ und „Frau“ entscheiden zu müssen, obwohl beides falsch wäre. Sprache spielt hier eine große Rolle: Geschlechtlich inklusiver Sprachgebrauch versucht, alle Geschlechter anzusprechen. Seit es in Deutschland den dritten amtlichen Geschlechtseintrag „divers“ gibt, müssen auch bislang „sprachlose“ Identitäten endlich genannt werden – was anfangs ungewohnt klingen mag, ist ein wichtiger Hinweis auf die Vielfalt der Geschlechter. So gibt es immer mehr Leitfäden, wie man z.B. in E-Mails neutral formulieren kann (etwa „Guten Tag Vorname Nachname“ statt „Sehr geehrter Herr/Frau…“). Einige non-binäre Menschen verzichten ganz auf Pronomen und nutzen nur ihren Namen. Auch das ist ein Weg, mit der binären Sprache umzugehen.
Sichtbarkeit am Non-Binary Day – warum das politisch ist
Sichtbarkeit klingt zunächst unpolitisch – doch für non-binäre Menschen ist sie hochpolitisch. Lange Zeit kamen Identitäten außerhalb von „Mann“ und „Frau“ in Medien, Gesetzen oder Bildung schlicht nicht vor. Sichtbar zu werden heißt daher, Existenzrechte einzufordern. Der Non-Binary Day am 14. Juli bietet eine Bühne, auf der nicht-binäre Personen selbstbewusst sagen: Uns gibt es, wir gehören dazu! Jede Pride-Flagge, jedes Pronomen im Social-Media-Profil, jeder Zeitungsartikel zum Thema ist ein Schritt, der gesellschaftliche Bewusstheit erhöht.
Politisch brisant ist Sichtbarkeit, weil sie oft auf Widerstände trifft. Noch immer wissen viele nicht, was non-binär bedeutet, oder sie glauben, es sei eine „Modeerscheinung“. Umfragen zeigen zwar, dass die Mehrheit der Menschen Diskriminierung gegen trans* und nicht-binäre Personen wahrnimmt. Doch gleichzeitig meinen 60 % (in einer US-Studie) weiterhin, Geschlecht sei nur das bei Geburt zugewiesene, binäre Geschlecht. Sichtbarkeit am Non-Binary Day heißt also auch Aufklärung: erklären, dass Geschlecht vielfältiger ist als „X oder Y“.
Zudem ist Sichtbarkeit mit Sicherheit verknüpft. Politische Kräfte, die gegen die Rechte von Trans*- und nicht-binären Personen arbeiten, stützen sich oft auf die Annahme, diese Identitäten seien marginal und könnten ignoriert werden. Indem jedes Jahr am 14. Juli weltweit Aktionen stattfinden, wird klar: Non-binäre Menschen sind eine Realität, mit der sich Politik, Behörden und Gesellschaft auseinandersetzen müssen. „Nur wenn wir gesehen werden, können wir auch Rechte einfordern“, bringt es eine Aktivist*in auf den Punkt. Und diese Rechte reichen von so grundlegenden Dingen wie einer korrekten Ansprache bis zur rechtlichen Anerkennung des eigenen Geschlechts.
Non-binäre Menschen in Deutschland: Anerkennung und Alltag
Wie ist die Situation non-binärer Menschen in Deutschland? Rechtlich hat sich in jüngster Zeit viel getan. Seit Ende 2018 gibt es in Personenstandsdokumenten neben „männlich“ und „weiblich“ den Eintrag „divers“ für ein drittes Geschlecht. Dieser Schritt – ausgelöst durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts – war zunächst vor allem für intergeschlechtliche Menschen gedacht. In Formularen stehen heute vier Optionen zur Auswahl: männlich, weiblich, divers oder keine Angabe. Doch viele nicht-binäre Personen ohne nachgewiesene Intersexualität blieben lange ausgeschlossen, weil der Geschlechtseintrag „divers“ an medizinische Nachweise geknüpft war.
Ein großer Fortschritt ist das im November 2024 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Dieses neue Gesetz ersetzt das alte Transsexuellengesetz und erlaubt es trans*, inter* und nicht-binären Personen, ihren Vornamen und ihren amtlichen Geschlechtseintrag selbstbestimmt beim Standesamt zu ändern. Es braucht dafür kein Gutachten und kein Gerichtsverfahren mehr. Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus nannte den Tag des Inkrafttretens „einen ganz besonderen Tag für alle transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen“. Deutschland folgt damit über einem Dutzend anderer Länder, die ähnlich fortschrittliche Regelungen haben. Für non-binäre Menschen bedeutet das: Endlich können sie auch amtlich diejenige Option wählen, die zu ihrer Identität passt – sei es „divers“ oder auch die Streichung des Geschlechtseintrags.
Anerkennung im Alltag hinkt der Gesetzeslage jedoch oft hinterher. Viele Behörden und Unternehmen tun sich noch schwer, geschlechtsneutrale Anreden oder Formulare zu implementieren. Oft fehlt es an Sensibilisierung: Beispielsweise kennen nicht alle Mitarbeitenden im Gesundheitswesen schon den neuen Personenstand „divers“ – obwohl z.B. Anmeldebögen in Arztpraxen eigentlich vier Geschlechtsoptionen vorsehen sollten. Ein Lichtblick: Immer mehr Institutionen veröffentlichen Leitfäden für inklusive Sprache. So empfiehlt etwa die Uni Leipzig, in Anschreiben keine Geschlechter zu raten und bietet neutrale Formulierungen an. Auch Pronomen kann man in E-Mails oder Meetings proaktiv mit angeben, um deutlich zu machen, dass geschlechtergerechte Ansprache wichtig ist. Diese Maßnahmen nehmen Druck von nicht-binären Personen und normalisieren Vielfalt.
Im Gesundheitssystem stehen nicht-binäre Menschen vor besonderen Herausforderungen. Medizinische Einrichtungen sind traditionell auf binäre Geschlechter ausgerichtet – sei es bei geschlechtsspezifischen Stationen im Krankenhaus oder bei der Ansprache („Herr/Frau“). Eine Umfrage der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld stellte fest, dass es kaum Forschung zur Lebenssituation nicht-binärer Personen gibt und folglich Lücken im Angebot bestehen. Positiv hervorzuheben ist aber, dass viele Psychotherapeutinnen und Ärztinnen sich fortbilden und Angebote explizit für trans* und nicht-binäre Menschen schaffen. Seit 2020 gilt Transsexualität nicht mehr als psychische Krankheit, was hilft, Vorurteile abzubauen. Trotzdem berichten Betroffene immer wieder von diskriminierenden Erfahrungen im Gesundheitssystem. So wurde einer nicht-binären Person die Weiterbehandlung verweigert, als sie wegen einer Hormontherapie nachfragte – der Hausarzt wollte keine Überweisung ausstellen. Solche Fälle zeigen, wie wichtig Aufklärung und Empathie in der Medizin sind.
Nicht zuletzt kämpft die Community dafür, dass nicht-binäre Identitäten auch in der Statistik und Forschung sichtbar werden. Behörden erheben selten Daten jenseits von „m/w“, was etwa im Schul- oder Arbeitskontext dazu führt, dass keine Zahlen zu Diskriminierungserfahrungen non-binärer Menschen vorliegen. Initiativen wie das „Queer Leben“-Netzwerk der Bundesregierung empfehlen dringend mehr Studien, um Lebenszufriedenheit, Belastungen und Bedarfe von LSBTIQ*, speziell auch von nicht-binären Personen, zu erfassen. Denn nur was messbar ist, bekommt auch politisch Aufmerksamkeit und Ressourcen.
Herausforderungen: Misgendern, Unwissen, Ignoranz
Ob mit oder ohne offizielle Anerkennung – nicht-binär zu leben bringt Herausforderungen mit sich, die cis-Personen oft gar nicht sehen. Drei Problemfelder treten immer wieder auf: Misgendern, mangelndes Wissen und schiere Ignoranz.
- Misgendern bezeichnet das falsche Geschlecht-Zuschreiben, z.B. durch falsche Pronomen oder Anreden. Für non-binäre Menschen ist das leider an der Tagesordnung. Oft geschieht es unabsichtlich – etwa am Telefon, wenn anhand der Stimme ein „Herr“ oder „Frau“ angenommen wird. „Am Telefon werde ich ständig falsch gegendert – und selbst nach einer Korrektur machen es manche weiter“, berichtet ein trans Mann frustriert. Noch verletzender ist absichtliches Misgendern: Wenn Menschen es wissentlich tun, um ihre Ablehnung auszudrücken. Ein Beispiel: Eine nicht-binäre Person mittleren Alters erzählt, sie habe sich in einem Restaurant feminin gekleidet – „Make-up, Nägel, alles“ – und trotzdem hätten die Bedienungen sie hartnäckig mit „Sir…“ angeredet. „Diese ständigen Mikroaggressionen fressen einen auf“, sagt sie weiter. Misgendern ist keineswegs harmlos. Studien zeigen, dass falsche Zuordnungen gravierende Folgen für die psychische Gesundheit haben können. Es geht um Identität und Respekt: Wer immer wieder „falsch“ angesprochen wird, fühlt sich unsichtbar oder abgelehnt. Umgekehrt kann konsequentes Richtig-Gendern (inklusive gewählter Namen) ein schlichtes, aber mächtiges Zeichen der Unterstützung sein.
- Unwissen begegnet non-binären Menschen auf Schritt und Tritt. Viele Leute haben noch nie von Genderqueer, Agender oder nicht-binär gehört. Das führt zu peinlichen Momenten („Bist du jetzt ein Mann oder eine Frau?“) bis hin zu bizarren Mythen. Ein gängiges Missverständnis: Non-binär sein bedeute, man wolle immer „anders“ aussehen oder sei automatisch auch homosexuell – was nicht stimmt. Es gibt maskulin aussehende Non-Binarys, feminin aussehende und solche, die in ihrer Erscheinung keinen Wechsel möchten. Geschlechtsidentität und Ausdruck sind individuell. Das mangelnde Wissen zeigt sich auch strukturell: In Schulen etwa fehlen oft Ansprechpersonen oder Inhalte über Geschlechtervielfalt. Pädagoginnen sind nicht immer geschult, mit non-binären Schülerinnen umzugehen. Hier tut sich langsam etwas – in einigen Bundesländern gibt es Materialien zu Trans* und nicht-binären Themen für den Unterricht. Doch häufig müssen die Betroffenen selbst Aufklärungsarbeit leisten, ob in der Familie, im Kollegium oder sogar beim Arztbesuch.
- Ignoranz und Vorurteile schlagen sich in direkter Diskriminierung nieder. Einige Menschen verweigern aus Prinzip die Anerkennung non-binärer Identitäten. Sie sagen Dinge wie „Für mich gibt es nur zwei Geschlechter“ oder machen sich lustig über neopronomen. Diese bewusste Ignoranz kann sich z.B. darin äußern, dass Angehörige den gewählten Namen eines non-binären Familienmitglieds nicht benutzen. „Meine Familie ist da ein großes Problem – sie weigern sich, mich bei meinem Namen zu nennen“, berichtet eine nicht-binäre Person in den 60ern enttäuscht. Nur ihr Neffe der jüngeren Generation respektiere den Namen, „er hat’s kapiert“. Auch im Berufsleben gibt es solche Haltungen: Einige Arbeitgeberinnen lehnten Bewerberinnen ab, nachdem deren nicht-binäres Outing bekannt wurde, oder behandeln das Thema als Tabu. In extremen Fällen kommt es zu Mobbing oder Gewalt. Eine EU-weite Umfrage ergab, dass trans und nicht-binäre Menschen überdurchschnittlich häufig Opfer von körperlichen Übergriffen werden, etwa weil sie „nicht ins Bild passen“. Auch wenn konkrete Zahlen für Deutschland fehlen, sind solche Erfahrungsberichte alarmierend.
Die genannten Herausforderungen wirken sich deutlich auf die Lebenszufriedenheit nicht-binärer Personen aus. Psychologische Studien bestätigen, dass nicht-binäre Jugendliche im Durchschnitt eine schlechtere mentale Gesundheit haben als cisgeschlechtliche Gleichaltrige. Depressive Symptome und Ängste sind erhöht, was nicht an der Identität selbst liegt, sondern an den sozialen Stressoren – eben Ausgrenzung, Unverständnis, ständige Erklärungspflichten. Gleichzeitig zeigen neuere Befunde, dass nicht-binäre Jugendliche etwas bessere Strategien gefunden haben können als binäre trans* Jugendliche, um mit gewissen Problemen umzugehen. So lagen in einer Meta-Analyse die Raten suizidaler Gedanken bei Non-Binarys sogar etwas niedriger als bei binären Trans-Personen, aber immer noch viel höher als bei cis Personen. All das unterstreicht: Es braucht gezielte Unterstützung und anerkennende soziale Umfelder, damit nicht-binäre Menschen gesund leben können.
Community-Projekte und Aktionen
Der Non-Binary Day am 14. Juli wird von der Community auf vielfältige Weise mit Leben gefüllt. In den sozialen Medien trendet an diesem Tag oft der Hashtag #NonBinaryDay, unter dem Menschen ihre Geschichten, Selfies in den nicht-binären Flaggenfarben (Gelb-Weiß-Lila-Schwarz) oder Infos zu Veranstaltungen teilen. Viele nutzen auch die Gelegenheit, um Aufklärungsposts zu teilen – etwa erklärende Grafiken, was Begriffe wie genderfluid oder Enby bedeuten, oder um häufige Fragen zu beantworten („Müssen non-binäre Personen androgyn aussehen?“ – Antwort: nein, es gibt keine Pflicht oder einen „Look“).
Auch Organisationen und Initiativen beteiligen sich. In Deutschland stellen beispielsweise Vereine wie die dgti e.V. (Deutsche Gesellschaft für trans*- und inter*geschlechtlichkeit) anlässlich des Non-Binary Day Materialien bereit und erzählen persönliche Geschichten aus der Community. Diese persönlichen Erfahrungen – oft anonymisiert oder unter Pseudonym – zeigen die ganze Bandbreite non-binären Lebens: Von der Jugendlichen, die sich in der Schule outet, bis zur nicht-binären älteren Person, die erst mit 60 den richtigen Begriff für sich fand. Solche Geschichten berühren und schaffen Empathie. Die dgti betont in ihren Beiträgen, wie wichtig Anerkennung und Unterstützung sind, und ruft dazu auf, gemeinsam für eine inklusive Zukunft zu arbeiten.
International haben Kampagnen wie #EnbyWeek (die Woche um den 14. Juli herum) und #NonBinaryVisibility an Fahrt gewonnen. Große LGBT-Organisationen (z.B. Human Rights Campaign in den USA) veröffentlichen zum 14. Juli oft Statements, um die Politik an ihre Verantwortung zu erinnern. 2023 etwa nutzten Aktivist*innen den Tag, um auf die Situation nicht-binärer Geflüchteter aufmerksam zu machen, oder auf die fehlende rechtliche Anerkennung in vielen Ländern.
Vor Ort – in Städten und Gemeinden – gibt es rund um den Non-Binary Day immer öfter Events. Zum Beispiel organisieren Queerzentren oder Jugendtreffs Infoabende, Podiumsdiskussionen oder kleine Pride-Paraden in Gelb-Weißen Farbtönen. 2022 wurde in Berlin ein Community-Brunch für nicht-binäre und genderqueere Menschen veranstaltet, bei dem Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt stand. Solche Treffen bieten Safe Spaces, in denen man sich verstanden fühlt. In kleineren Städten mag es keine eigene Veranstaltung geben, doch über Social Media vernetzen sich auch dort die Leute und feiern digital mit.
Was du tun kannst – als non-binäre Person und als Verbündete*r
Was kann man selbst beitragen, damit die Ideen des Non-Binary Day nicht nur am 14. Juli, sondern das ganze Jahr über wirken? Je nach eigener Rolle gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Als non-binäre Person
- Vernetzen & Empowerment: Suche den Kontakt zu anderen nicht-binären Menschen – online über Foren, Social Media (z.B. Hashtags wie #nonbinarydeutschland) oder offline in lokalen Queer-Gruppen. Ein Netzwerk gibt Rückhalt und ermöglicht Austausch über Erfahrungen und Tipps. Viele Städte haben Stammtische oder Treffpunkte für trans* und nicht-binäre Personen. Gemeinsam lässt sich Sichtbarkeit schaffen, z.B. durch Gruppenaktionen am Non-Binary Day.
- Selbstfürsorge: Nicht-binär zu sein in einer binär geprägten Welt kann anstrengend sein. Achte auf deine mentale Gesundheit. Suche dir queerfreundliche Therapeut*innen oder Beratungsstellen, wenn du merkst, dass Druck und Minderheitenstress zu groß werden. Es ist okay, Hilfe anzunehmen. (In Deutschland bietet z.B. die dgti Peerberatung bundesweit kostenlose psychosoziale Beratung an.) Umgib dich mit Menschen, die dich respektieren – deine Chosen Family kann wichtiger sein als uneinsichtige Verwandte.
- Bildung & Geduld: Du wirst vielleicht oft Fragen beantworten müssen. Überlege dir, wie du typische Fragen freundlich und dennoch bestimmt beantworten kannst. Du entscheidest, was du teilen möchtest. Manche nicht-binäre Personen haben kein Problem damit, neugierigen Kolleg*innen Auskunft zu geben; andere möchten nicht ständig als „Nachschlagewerk“ dienen – beides ist legitim. Setze Grenzen, aber sei, wenn du die Kraft hast, auch geduldig mit gutwilliger Unwissenheit. Jede erklärende Antwort kann Vorurteile abbauen. Und denke daran: Dein Wert hängt nicht davon ab, wie viel du erklärst. Du musst dich nicht rechtfertigen, dafür dass du bist, wie du bist.
- Feiere dich selbst: Ob am 14. Juli oder an jedem anderen Tag – du hast das Recht, stolz auf deine Identität zu sein. Vielleicht ziehst du an diesem Tag etwas in den Non-Binary-Farben an oder gönnst dir etwas, das dich glücklich macht. Der Tag soll auch dir persönlich Kraft geben. Du bist Teil einer lebendigen, vielfältigen Gemeinschaft!
Als Verbündete*r (Ally)
- Informieren: Wissen ist der beste Anfang. Lies über nicht-binäre Identitäten, höre Podcasts oder schaue Videos, in denen nicht-binäre Menschen selbst zu Wort kommen. Dadurch baust du eigene Unsicherheiten ab. Wichtig: Erwarte nicht von der erstbesten nicht-binären Person, dass sie dir alles erklärt – recherchiere grundlegende Fragen ruhig selbst. Es gibt viele Ressourcen (Blogs, YouTube, Bücher wie „Nonbinary für Anfänger*innen“ etc.).
- Respektiere Pronomen und Namen: Das Allerwichtigste, was du tun kannst: Nutze die gewünschten Pronomen und den Namen der Person. Wenn du dich mal vertust, entschuldige dich knapp, verbessere dich und mach normal weiter. Vermeide lange Entschuldigungen, die der Person nur noch mehr Unbehagen bereiten. Zeige einfach durch konsequentes richtiges Gendern, dass du ihre Identität anerkennst. Und scheue dich nicht, in neuen Bekanntschaften nachzufragen: „Welche Pronomen verwendest du?“ – diese Frage zeigt Respekt.
- Sprich Ungerechtigkeiten an: Wenn du Zeuge wirst, dass jemand misgendert wird oder blöde Sprüche abbekommt, stehe zur Seite. Als Ally kannst du z.B. in einer Besprechung dezent korrigieren („Alex benutzt they als Pronomen“) oder in Gesprächen falsche Informationen richtigstellen. Achte aber darauf, die betroffene Person nicht zu bevormunden – frag im Zweifel leise, ob Unterstützung gewünscht ist. Dein Einschreiten kann viel bewirken, gerade weil Nicht-Betroffene oft ernster genommen werden, wenn sie auf Alltagsdiskriminierung hinweisen.
- Sichtbarkeit schaffen: Nutze deine Plattformen, um Sichtbarkeit für non-binäre Themen zu erhöhen. Das kann schon damit anfangen, dass du in deiner E-Mail-Signatur deine eigenen Pronomen angibst oder in Social Media Beiträge zum Non-Binary Day teilst. So signalisierst du Offenheit. Wenn du im pädagogischen Bereich, Journalismus oder in der Verwaltung arbeitest, achte auf inklusive Sprache in Unterlagen und Formularen. Fordere ggf. in deinem Umfeld Änderungen ein, z.B. dass ein drittes Geschlecht in Datenerhebungen berücksichtigt wird. Jede kleine Änderung zählt.
- Zuhören und feiern: Frag die nicht-binären Menschen in deinem Leben, wie du sie unterstützen kannst. Höre zu, ohne vorschnelle Ratschläge – oft hilft schon ehrliches Interesse und Rückhalt. Und vergiss nicht mitzufeiern! Der Non-Binary Day ist ein Tag der Freude. Gratuliere deinen Freund*innen, feiere ihre Schritte nach vorne (z.B. eine Namensänderung) genauso wie du Geburtstag feiern würdest. Ally-sein heißt auch, die Freude über Vielfalt zu teilen, nicht nur den Kampf dagegen.
Fakten in Kürze
- Historie: Der Non-Binary Day wurde 2012 von Aktivist*innen initiiert und findet jedes Jahr am 14. Juli statt. Er liegt bewusst genau zwischen dem Internationalen Frauen- und Männertag.
- Definition: Non-binär = nicht (nur) männlich oder weiblich. Non-binäre Personen können sich als weder noch, sowohl als auch oder abwechselnd männlich/weiblich fühlen. Ihre Identitäten sind so vielfältig wie die Menschen selbst.
- Diskriminierung: Nicht-binäre Menschen erleben häufig Misgendern (falsches Ansprechen) und Unverständnis. Rund 80 % der Allgemeinheit erkennen an, dass es Diskriminierung gegen trans*/nicht-binäre Personen gibt – doch Wissen und Akzeptanz sind ausbaufähig. Gute Unterstützung verbessert nachweislich die psychische Gesundheit von nicht-binären Jugendlichen.
- Rechtliche Lage (Deutschland): Seit 2018 gibt es den dritten Geschlechtseintrag „divers“ (für inter*/nicht-binäre Personen). Das 2024 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz erlaubt es nun allen trans*, inter* und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen selbst zu ändern – ohne Gutachten oder lange Gerichtsverfahren.
- Beratung: Es gibt bundesweit Beratungsstellen für trans* und nicht-binäre Menschen. Die dgti e.V. z.B. bietet Peer-Beratung an über 50 Standorten an (psychosoziale Beratung durch geschulte Community-Mitglieder). Auch für Angehörige und Fachkräfte gibt es Anlaufstellen. Scheu dich nicht, Hilfe zu suchen – sie steht meist kostenfrei zur Verfügung.
- Pronomen-Leitfäden: Viele Institutionen (Unis, Verwaltungen) entwickeln Leitfäden für geschlechtergerechte Sprache. Darin finden sich Tipps wie geschlechtsneutrale Formulierungen (z.B. Studierende statt Studenten/Studentinnen) oder Hinweise, in Formularen neben „m/w“ auch „divers/keine Angabe“ anzubieten. Frage ruhig nach solchen Richtlinien in deinem Umfeld – das zeigt, dass Bedarf besteht.
Und wie erlebst du den Non-Binary Day?
Vielleicht bist du selbst non-binär oder lernst gerade, Verbündete*r zu sein – teile deine Gedanken und Erfahrungen! Nutze den Hashtag #NonBinaryDay, um in den sozialen Medien auf das Thema aufmerksam zu machen. Jeder Beitrag, sei er noch so klein, kann jemand anderem das Gefühl geben, nicht allein zu sein.
Falls du Fragen hast oder Unterstützung suchst – ob als nicht-binäre Person, als Elternteil oder Fachkraft – zögere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die dgti e.V. und andere Organisationen stehen mit Beratung zur Seite (siehe Fakten-Box oben oder zum Beispiel die dgti Peerberatung). Sichtbarkeit beginnt im Kleinen: durch Zuhören, durch Lernen, durch mutiges Vorangehen im eigenen Umfeld. Mach mit, damit jenseits der Zweigeschlechtlichkeit keine graue Zone bleibt, sondern ein bunter, sichtbarer Teil unserer Gesellschaft!
Gemeinsam können wir den 14. Juli – und jeden Tag – nutzen, um für Gleichberechtigung und Anerkennung aller Geschlechtsidentitäten einzustehen. Denn Vielfalt verdient nicht nur einen Tag, sondern unseren alltäglichen Einsatz.
Happy Non-Binary Day! 🏳️⚧️💛🤍💜🖤