Es war einmal, zu einer Zeit als das Internet noch Neuland war,
in einer Zeit, in der sogenannte Experten meinten, es gäbe maximal 2000 Transsexuelle in diesem Land, Transsexualität sei eine schwere psychische Erkrankung, welche es zu heilen gelte, nur bei Scheitern der Konversionstherapie könne zur Erleichterung eine „Geschlechtsumwandlung“ erfolgen, um das Leid der Betroffenen zu lindern.
In einer Zeit, in der klar war, dass gleichgeschlechtliche Ehen oder gar männliche Gebärende und weibliche Zeugende zu verhindern seien und deshalb die Voraussetzungen einer Personenstandsänderung selbstverständlich die Ehelosigkeit und die Fortpflanzungsunfähigkeit beinhalten müssten.
In einer Zeit, als die Wissenschaft noch recht unangefochten behauptete, dass man Neugeborene mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen selbstverständlich per OP vereindeutigen müsse, damit diese ein glückliches Leben führen könnten.
In eben dieser Zeit, genau genommen am 28. Juni des Jahres 1998, da trafen sich in Köln am Rhein ein paar Menschen, welche eine Idee hatten.
Eine nahezu unglaubliche Idee, wollten diese Menschen doch tatsächlich all dieses ändern. Sie wollten transidenten und intersexuellen Menschen Beratung angedeihen lassen, die Situation dieser Menschen durch Lobbyarbeit verbessern und einiges mehr. Hierzu gründeten sie, wir sind ja in Deutschland, einen Verein.
1999 entwickelten sie einen Ergänzungsausweis, welcher mit Genehmigung des Bundesinnenministeriums erscheinen durfte. Sie gaben gutachterliche Stellungnahmen für das Bundesverfassungsgericht ab und trugen auch so dazu bei, dass das diskriminierende Gesetz zur Änderung des Vornamens und des Personenstandes in besonderen Fällen immer mehr seines Schreckens verlor.
Bei alledem wurde der Verein, letztendlich, zu dem was er heute ist, ein Verein, der mit seiner Expertise weitgehend anerkannt ist, ein Verein, der derzeit mehr als 40 Anlaufstellen für Betroffene bundesweit bietet, eben die dgti wie wir sie heute kennen.
Ja, die dgti kann heute den 23. Geburtstag feiern, und ja, wir haben viele Gründe, heute anzustoßen. Wenn sich die gesellschaftliche Situation in den nächsten 23 Jahren genauso weiterentwickelt wie in den letzten 23 Jahren, ja dann werden wir wahrlich von allgemeiner Akzeptanz und Gleichberechtigung im Jahre 2044 nicht mehr weit entfernt sein.
Also wenn Ihr dieses gelesen habt, dann wünsche ich mir, dass Ihr als Mitglieder des Vereins ein wenig Stolz auf denselben seid. Heute ist der Tag, an dem wir uns alle stolz auf die Schulter klopfen dürfen, um dann morgen mit der Arbeit fortzufahren.
Lieben Gruß und herzliche Glückwünsche
Andrea Ottmer