Trans* und Versicherungen: Zwischen Fortschritt und Diskriminierung

In leben viele trans* Personen – Menschen, deren nicht mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Während gesellschaftliche Akzeptanz langsam wächst, stellen nach wie vor eine Herausforderung für trans* Personen dar. Dabei steht vor allem die im Fokus, doch auch in der ergeben sich immer wieder Probleme. Obwohl rechtliche Verbesserungen erfolgt sind, ist im weiterhin Realität.

Rechtlicher Rahmen: Mehr Schutz, weniger Klarheit

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt trans* Personen vor Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität. Trotz dieser gesetzlichen Absicherung bleibt die Realität kompliziert: Bis heute fehlen eindeutige Präzedenzfälle, die spezifische Situationen trans* Personen betreffend klar regeln würden (Antidiskriminierungsstelle).

Ein wesentlicher Schritt in Richtung Gleichbehandlung war die Einführung der Unisex-Tarife 2012, veranlasst durch den Europäischen Gerichtshof. Seitdem dürfen Versicherungen das Geschlecht bei der Tarifberechnung nicht mehr berücksichtigen. Mit dem (SBGG), das im November 2024 in Kraft trat, können trans* Personen nun unkompliziert ihren Geschlechtseintrag und Namen ändern lassen, was administrativ Erleichterungen verspricht.

Berufsunfähigkeitsversicherung: Hürden und Vorurteile

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist essenziell, um das finanzielle Risiko einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit abzusichern. Doch gerade für trans* Personen gestaltet sich der Abschluss oft schwierig. Versicherungsunternehmen führen detaillierte Risikoprüfungen durch, wobei die Transition oder psychische Belastungen infolge von gesellschaftlicher Diskriminierung oft negativ ausgelegt werden (Antidiskriminierungsstelle: siehe oben). Obwohl seit der WHO-Klassifikation ICD-11 Transgeschlechtlichkeit nicht mehr als psychische Erkrankung gilt, halten sich veraltete Vorstellungen hartnäckig in der Praxis.

Besonders problematisch ist die Pflicht zur Offenlegung der eigenen Gesundheitsgeschichte: Trans* Personen müssen bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung umfangreiche Angaben zu ihrem Gesundheitszustand machen – dazu zählen auch im Rahmen der Transition wie Hormontherapien, operative Eingriffe oder psychotherapeutische Begleitung. Dabei entsteht häufig ein Dilemma: Einerseits besteht die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Angabe, um späteren Leistungsablehnungen vorzubeugen. Andererseits befürchten viele, dass allein die Nennung ihrer oder damit verbundener medizinischer Maßnahmen zu höheren Beiträgen, erschwertem Zugang oder gar zur Ablehnung des Antrags führen könnte. In der Praxis berichten einige Betroffene, dass Versicherer genau solche Informationen zum Anlass nehmen, das Risiko als erhöht einzustufen – obwohl das medizinisch nicht mehr haltbar ist. Diese Unsicherheit führt bei vielen trans* Personen zu großer Verunsicherung und einer zusätzlichen psychischen Belastung.

Krankenversicherung: Bürokratische und emotionale Herausforderungen

Die Krankenversicherung ist meist die erste Berührung trans* Personen mit Versicherungsfragen. Grundsätzlich übernehmen sowohl gesetzliche als auch private Krankenversicherungen die Kosten für medizinisch notwendige geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Psychotherapie, Hormonbehandlungen und Operationen. Allerdings kritisieren Betroffene häufig die veraltete und stigmatisierende Begutachtungspraxis. Insbesondere die private Krankenversicherung verlangt oft umfangreiche Gutachten und Diagnosen, was zu emotional belastenden Situationen führt (siehe oben).

Diskriminierung: Leider immer noch Alltag

Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass Diskriminierungen im Versicherungswesen weiterhin stattfinden. Ein besonders drastischer Fall offenbarte, dass eine Versicherung trans* Personen grundsätzlich nicht versichern wollte – trotz rechtlicher Vorgaben eine erschreckende Realität.

Spezialisierte Beratung schafft Abhilfe

Angesichts dieser Herausforderungen sind spezialisierte Beratungsstellen unverzichtbar. Organisationen wie Adviris oder die LGBTQIA-Finanzberatung Darmstadt bieten gezielte und diskriminierungsfreie Unterstützung im Versicherungsbereich an.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e.V. (dgti) stellt umfassende psychosoziale Beratungen, Workshops und Fortbildungen zur Verfügung, um trans* Menschen auch im Umgang mit Versicherungen und Behörden zu unterstützen.

Ein Blick nach vorn

Obwohl Fortschritte gemacht wurden, bleibt für trans* Personen im Versicherungswesen noch einiges zu tun. Versicherungsunternehmen sollten ihre Risikoprüfungspraxis aktualisieren und diskriminierungsfrei gestalten. Regelmäßige Schulungen für Mitarbeitende sowie der Dialog mit der trans* Community können helfen, Vorurteile abzubauen.

Sind Sie betroffen oder benötigen Sie Beratung? Kontaktieren Sie uns bei der dgti – wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte wahrzunehmen und Ihren Weg selbstbestimmt zu gehen. Möchten Sie unsere Arbeit langfristig unterstützen? Werden Sie Fördermitglied oder spenden Sie über Betterplace. Bei uns sind alle herzlich willkommen, denn „Gemeinsam. Vielfalt. Leben.“ wird von uns gelebt.

Teilen auf:

Begriffe der letzten 30 Tage
Augenhöhe AWMF-S3-Leitlinie Bildung AK Bayern Arbeitskreis Beratungsstelle Attraktivität für Beschäftigte Amsterdam Bündnis Bundesministeriums der Justiz Alltagserfahrung Brandenburg Crossdressing agender Bündnis 90/Die Grünen AMKA Bußgeld Misgendern Christiane Rohleder code alina Bundesministerium des Innern Ansbach Anliegen Bildungseinrichtungen Chancen Bundesstiftung Magnus Hirschfeld angleichende Maßnahmen Binder Arbeitgeber*innen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz BGH Arbeitskreises Queere Jugendarbeit Bistum Limburg Antidiskriminierung Bundessozialgericht Archive Asexualität Arbeitsrecht Candles § 175 Beitrag Balian Buschbaum cdu Aufklären Aurich AceSupport AkzeptanzFürAlle Best Ally Award Ärzt*innen AGG-Reform Buchtipp Arbeitsumfeld Blutspenderichtlinien anpassen Ausschluss Begutachtungsrichtlinie arbeitssicherheit Alice Schwarzer Daten AK Info Angehörige Bundesrat das dem Phänomen der Transsexualität ein behandlungsbedürftiger und auch behandlungswerter Leidensdruck mitunter innewohnt. bezeichnen sich als Agender. ARD Aromantik §192a StGB Ally-Strategien § 45b PStG Aktivistin Cisgender Axel Springer Verlag D&I Augsburg AK SN Ärztetag Alkohol #deine dgti Betterplace AOK Coming-out Austausch BSG Beratung AK TH AK Nord Couple Business Case Coming Out Best Practices AceErasure Alter Beratungsstelle RLP CDU/CSU Antifeminismus Baden-Württemberg Gruppenmitglied cis-Männer Ausbildung Bedürfnisse AK NRW 19. September Bankkarte 26 Jahre Bundeswehr Ärztekammer (Deutschland) Bundestag Bücher Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Adrian Hector Bad Münster am Stein-Ebernburg AGB Belegschaft Alltagstest Coming Out Day BigBrother Anerkennung am Arbeitsplatz Bartpflege Amateurfußball Benachteiligung Alexander Korte Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt Bündnis zum Abstammungsrecht Bundesverband Trans* CSD Allgemein Constantin Jahn Bundesregierung AsexualAwareness community BCG Bankverbindung der dgti e.V. § 192 Additional Information Supplemental ID Checkliste 3. Reich Art. 3 Athlet*innen Allgäu Bildungsabschlüsse Beratungsstelle Bayern Bundesarbeitsgericht Bad Kreuznach Anpassung Bodensee Christlich AK trans*hopo AK ST AceFlag Allies äußeres Coming-out AK RLP AK Sport AGG Claudia Jürgen Clüsserath Ausbildungsschule Berlin-Alexanderplatz Altersverteilung von trans* Personen Bundesminister Karl Lauterbach #deinedgti Beratenden Ausbildung AceAlly Baden-Württemberg Awareness Bundespolitik Bundesgeschäftsstelle AK Öffentlichkeitsarbeit dass unsere geschlechtliche Identität eine andere ist Anerkennung AcePride Bürokratie Bild Berater*innen Begleitung Beratung für trans* und inter* Menschen Buchtipps Begutachtung Corona Arbeitsplatz dann möchten wir (meist) auch in der gefühlten Identität leben. Bundesjustizminister Marco Buschmann Bayern bundesweit (co) unsplash.com Berufsunfähigkeitsversicherung AsexualVisibility beziehungstipps Aufklärung AK Hessen §45b PStG Chancengleichheit biologie Bundespolitk Beleidigung AK Berlin-Brandenburg Affiliate Bundesvorstand Abstammungsrecht Bundesärztekammer Offener Brief das feministische Manifest Authentizität Bi- Bundesverdienstkreuz anstatt androgyn AK Brighton angriffe auf die dgti e.V. Akzeptanz AWMF Covid Bundesärztekammer Bundessozialgericht zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen (1987) Bundesgerichtshof AsexualitätErklärt AOK Rheinland-Pfalz/Saarland comingout Bank Antidiskriminierungsarbeit Ausdruck Archiv Berlin-Brandenburg Ahlebeck Berlin Beratungsgespäch ArbeitsplatzInklusion Damian Kusenberg Ära auting Bundesverfassungsgericht Achtsamkeit Barrieren AsexualSpectrum Cis Menschen Antrag Braunschweig 1987 Ausland §175 Andrea Ottmer cdu wahlprogramm Begutachtungsanleitung §45b Arbeit Barcelona Blutspenderichtlinien Artikel 3 Grundgesetz Beratung bundesweit Christentum (co) unsplsch AsexualAwarenessWeek Asterisk Bielefeld

Weitere interessante Artikel

Mit Julia Steenken ist eine pragmatische Aktivistin von uns gegangen.

Julia – eine pragmatische Aktivistin ist gegangen

Ein Nachruf von Ria Cybill Geyer. Am Morgen des 03.04.2025 ist Julia Steenken verstorben. Plötzlich und unerwartet sind vermutlich nicht die Adjektive, die in diesem Zusammenhang passend sind. Sie war seit Jahren herzkrank. Julia war eine trans* Frau. Dabei lag ihr persönlicher Schwerpunkt auf „Frau“ im besten Sinne. Julia war

Weiterlesen »
S2k-Leitlinie

Fachimpuls zur neuen S2k-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie

Herzliche Einladung zum Fachimpuls! Anlässlich der Veröffentlichung der S2k-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter laden das Kompetenzzentrum Transidentität und Diversität und die dgti e.V. zu einem Fachimpuls mit der Kinder– und Jugendlichenpsychotherapeutin Kathrin Bach ein. Die Eckdaten der Veranstaltung Fachimpuls zur neuen S2k-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes-

Weiterlesen »

Crossdressing oder Transidentität – Ausdruck oder Identität?

Kleidung steht für Stil, Status und manchmal auch für eine Form des Protests. Für manche Menschen ist ein Outfit nichts weiter als modisches Statement, für andere kann es zum unverzichtbaren Bestandteil der eigenen Identität werden. Doch sobald jemand Kleidung trägt, die üblicherweise dem anderen Geschlecht zugeordnet wird, werden schnell Fragen

Weiterlesen »
Reue nach Geschlechtsangleichung

Reue nach Geschlechtsangleichung: Warum manche Trans*personen ihre OP hinterfragen

Die Entscheidung für eine geschlechtsangleichende Operation (GAOP) oder Geschlechtsangleichung ist ein tiefgreifender und bedeutender Schritt im Leben vieler trans* Personen. Sie markiert oft den Beginn eines neuen, authentischeren Lebensabschnitts. Doch während gut 99% der trans* Menschen nach einer Geschlechtsangleichung ihr Glück finden, gibt es auch Fälle, in denen Betroffene ihre

Weiterlesen »
Logo der dgti e.V.

Spenden Sie für unsere Arbeit

Datenschutz
, Inhaber: (Firmensitz: Deutschland), verarbeitet zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in der Datenschutzerklärung.
Datenschutz
, Inhaber: (Firmensitz: Deutschland), verarbeitet zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in der Datenschutzerklärung.