Gedenken an queere Opfer im Deutschen Bundestag
Am 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Anlass ist der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Im Mittelpunkt der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag stehen in diesem Jahr erstmalig Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden.
Die Gedenkstunde und damit die offizielle Anerkennung durch die deutsche Bundesregierung ist längst überfällig. Damit macht die Ampelkoalition einen wichtigen Schritt der Aufarbeitung. Jahrzehntelang wurden LSBTI*Personen nicht als Opfer anerkannt. Die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität spielten aber schon in der NS-Zeit gewichtige Rollen in der Verfolgung und Vernichtung.
Trans* im sog. Dritten Reich
Der bisherige Forschungsstand ist dabei mangelhaft. Insbesondere zu Intergeschlechtlichkeit und auch im Bereich der Verfolgung von Menschen, die entsprechend ihrer Geschlechtsidentität gelebt haben, herrscht eine Forschungslücke. Julia Steenken erklärt in ihrem Fachaufsatz „Trans* im sog. Dritten Reich – Opfer von NS-Verbrechen? die Quellenlage: „ Das Fehlen von Akten bzw. Unterlagen aus dieser Zeit und zu diesem Komplex bedeutet keinesfalls, dass es keine Verfolgung gegeben hat. Zum einen ist die betroffene Personengruppe auch heute noch mit unter 1 % der Bevölkerung sehr klein, noch 1976 ging man von wenigen tausend Menschen aus. In der mehrere Millionen Menschen zählenden Menge der NS-Opfer ist dies eine verschwindende Zahl […]. Auch sind viele Unterlagen als nicht archivwürdig kassiert und somit vernichtet worden. Hinzu kommt die ohnehin sehr dünne Aktenlage im Bereich der KL (KZ) und der Gestapo als einweisende Stelle.“
Bundesweite Aufarbeitung der Schicksale von LSBTI*Personen geboten
Trans* Personen wurden oft unter die Gruppe der Homosexuellen subsumiert und bei der Verfolgung nicht eigenständig erfasst. Ein zentraler Punkt war die Willkür der Begründungen der Verfolger. Die bundesweite Aufarbeitung der Schicksale von LSBTI*Personen in der Zeit des Nationalsozialismus ist daher geboten und das Gedenken im Bundestag dazu ein erster, wichtiger Schritt. Jenny Wilken (Kulturwisssenschaftlerin) von der dgti dazu: „Auch wenn es die Bezeichnung queer und andere heutige Bezeichnungen damals nicht gab, so ist das Gedenken kein Nonsens, sondern nötig und richtig.“