Im Internet, im Fernsehen oder auch einfach im Gespräch mit anderen hört man oft Begriffe rund um Gender und Geschlechtsidentität – doch die wenigsten sind klar definiert oder werden richtig verwendet. Oft werden Begriffe durcheinandergebracht, und nicht selten kursieren falsche Vorstellungen darüber, was Gender und Geschlechtsidentität eigentlich bedeuten. Unsachliche oder herabsetzende Sprache kann diese Unsicherheiten und Vorurteile zusätzlich verstärken. Kein Wunder also, dass sich viele in diesem Begriffschaos verloren fühlen.
Dieser Artikel möchte genau hier Klarheit schaffen. Denn wenn wir Menschen respektvoll und wertschätzend begegnen möchten, ist es wichtig zu wissen, welche Begriffe für Geschlecht und Identität aktuell und respektvoll sind – und welche aus gutem Grund nicht mehr verwendet werden. Mit einer verständlichen Übersicht erklären wir, wie sich Gender und Geschlechtsidentität unterscheiden, welche Begriffe sinnvoll und respektvoll sind und wie wir in Zukunft bewusster über das Thema sprechen können.
Die Grundlagen: Unterschied zwischen „Sex“ und „Gender“
Um Gender-Begriffe zu verstehen, ist der Unterschied zwischen biologischem Geschlecht („Sex“) und sozialer Geschlechtsidentität („Gender“) grundlegend. Während „Sex“ die körperlichen Merkmale eines Menschen beschreibt, bezeichnet „Gender“ die soziale und kulturelle Identität, die mit Geschlecht verbunden wird. Diese Unterscheidung bildet die Basis für alle weiteren Begriffe.
Das biologische Geschlecht wird in der Regel durch körperliche Merkmale wie Chromosomen, Hormone und Fortpflanzungsorgane bestimmt. Oft wird dabei eine Einteilung in „männlich“ und „weiblich“ vorgenommen. Doch dieses binäre System wird nicht allen Menschen gerecht: Intergeschlechtliche Menschen beispielsweise werden mit Merkmalen geboren, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen. Die Existenz intergeschlechtlicher Menschen zeigt, dass auch das biologische Geschlecht vielfältiger ist, als viele annehmen.
Demgegenüber beschreibt die Geschlechtsidentität das persönliche Empfinden eines Menschen, als welches Geschlecht man sich selbst erlebt. Diese Selbstwahrnehmung ist tief im Inneren verankert und kann, muss aber nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen.
Aktuelle Begriffe und ihre Bedeutung
Menschen, deren Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt, werden als cisgender bezeichnet. Ein Mensch, der bei der Geburt als weiblich eingetragen wurde und sich auch als Frau identifiziert, gilt also als cisgender. Im Gegensatz dazu beschreibt „transgender“ oder kurz „trans“ Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Wichtig ist, dass „transgender“ als Adjektiv und nicht als Substantiv verwendet wird – es heißt also „eine trans Person“ und nicht „ein Transgender“.
Ein Begriff, der oft ebenfalls in diesen Kontext fällt, ist „non-binär“. Nicht-binäre Menschen identifizieren sich weder ausschließlich als männlich noch ausschließlich als weiblich. Sie fühlen sich also in einem Spektrum außerhalb der traditionellen Geschlechterordnung. Eine weitere Identität ist „genderfluid“. Genderfluide Menschen erleben ihre Geschlechtsidentität als flexibel und veränderlich. Sie fühlen sich möglicherweise an manchen Tagen als weiblich, an anderen als männlich oder als ein Geschlecht außerhalb dieser Kategorien.
Überholte Begriffe und ihre respektvollen Alternativen
Einige Begriffe, die früher gebräuchlich waren, gelten heute als veraltet und problematisch. Die Sprache rund um Gender entwickelt sich weiter, und diese Entwicklung spiegelt oft einen besseren Zugang zu Wissen und ein wachsendes Bewusstsein für die Vielfalt menschlicher Identitäten wider.
Ein solcher veralteter Begriff ist „transsexuell“. Er wurde lange Zeit verwendet, um Menschen zu beschreiben, deren Geschlechtsidentität nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Der Begriff legt jedoch den Fokus stark auf körperliche Merkmale und medizinische Aspekte, was leicht zu Missverständnissen führt, da es bei Transidentität in erster Linie um das Identitätsgefühl geht. Heute wird stattdessen „transgender“ oder kurz „trans“ verwendet, was die Geschlechtsidentität beschreibt, ohne sich auf körperliche Merkmale zu fokussieren.
Ein weiteres Beispiel ist der Begriff „Hermaphrodit“. Ursprünglich aus der Mythologie entlehnt und später in die medizinische Terminologie eingeführt, ist dieser Begriff ungenau und wird oft als abwertend empfunden. In der heutigen Sprache wird daher „intergeschlechtlich“ oder „inter“ verwendet, Begriffe, die respektvoll die Vielfalt körperlicher Merkmale darstellen, ohne zu stigmatisieren. Auch der Ausdruck „Zwitter“ ist als Bezeichnung veraltet und diskriminierend. Der Begriff „intergeschlechtlich“ ist die anerkannte Alternative, die Menschen mit variierenden geschlechtlichen Merkmalen mit Würde beschreibt.
Praktische Tipps für einen respektvollen Umgang mit Gender-Begriffen
Eine bewusste Sprache kann helfen, alle Menschen wertzuschätzen und zu inkludieren. Wichtig ist dabei, die Selbstbezeichnungen von Menschen zu respektieren. Wenn sich jemand mit einem bestimmten Begriff identifiziert oder bestimmte Pronomen verwendet, sollten wir diese respektieren. Unsicherheit ist normal, und höflich nachzufragen zeigt meist Respekt und wird positiv aufgenommen.
In Gesprächen über Gender ist es sinnvoll, keine voreiligen Annahmen über das Geschlecht einer Person zu treffen. Geschlechterneutrale Formulierungen können hier eine einfache und inklusive Lösung bieten, die allen Menschen gerecht wird. Wer sich auf diesem Gebiet weiterbildet und neue Begriffe lernt, zeigt Offenheit und ein Interesse daran, immer wieder Perspektiven anderer Menschen zu verstehen und anzuerkennen.
Gesellschaftliche Entwicklung und Sprache
Sprache entwickelt sich kontinuierlich weiter – das gilt besonders für die Themen rund um Gender und geschlechtliche Identität. Was heute respektvoll und anerkannt ist, kann in einigen Jahren schon wieder überholt sein. Entscheidend ist daher, mit einer offenen und lernbereiten Haltung an das Thema heranzugehen: Die Bereitschaft, neue Begriffe und Entwicklungen anzunehmen und die eigene Sprache zu reflektieren, ist grundlegend für ein respektvolles Miteinander. Der Respekt gegenüber Menschen und ihrer Selbstwahrnehmung unterstützt eine Gesellschaft, die Selbstbestimmung und Vielfalt wertschätzt.
Das Verständnis von Gender-Begriffen leistet somit einen wichtigen Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft. Hier geht es nicht um „political correctness“, sondern um Respekt und das Anerkennen der Vielfalt menschlicher Identitäten. Eine offene Haltung hilft dabei, sich sicher und bewusst in Gesprächen zu Gender und Geschlechtsidentität zu bewegen.
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