Der Begriff „TERF“ geistert immer wieder durch Debatten über Geschlecht und Feminismus – oft laut und kontrovers. Doch was steckt eigentlich dahinter? TERF steht für „Trans-Exclusionary Radical Feminist“, also Trans-ausschließende radikale Feminist*innen. Diese Strömung schließt trans Personen, insbesondere trans Frauen, aus ihrer Definition von „Frau“ und aus feministischen Kämpfen aus. Aber ihre Ideologie trifft nicht nur trans Menschen. Auch nicht-binäre und intergeschlechtliche Personen geraten ins Visier, werden ignoriert oder ihre Anliegen instrumentalisiert. Hier erklären wir, was TERFs glauben, warum ihre Positionen problematisch sind und wie sie die Rechte verschiedener Gruppen beeinträchtigen.
Woher kommt der Begriff TERF?
Geprägt wurde das Akronym TERF im Jahr 2008 von der feministischen Bloggerin Viv Smythe. Sie wollte damit ursprünglich eine neutrale Beschreibung für jene radikalfeministischen Gruppen schaffen, die trans Personen explizit ausschlossen – im Gegensatz zu anderen Feministinnen. Der Radikalfeminismus selbst analysiert gesellschaftliche Machtverhältnisse vor allem durch die Brille des Patriarchats und kämpft für die Abschaffung starrer Geschlechterrollen. Die als TERFs bezeichneten Personen lehnen den Begriff heute meist ab und nennen sich stattdessen „genderkritisch“.
Die Kernideologie: Biologie als Schicksal?
Das Fundament der TERF-Ideologie ist ein strikt binäres und biologistisches Verständnis von Geschlecht. Für sie gibt es nur Männer und Frauen, definiert durch vermeintlich unveränderliche biologische Merkmale wie Chromosomen oder Genitalien. Die eigene Geschlechtsidentität – also das innere Wissen, welchem Geschlecht man angehört – wird als irrelevant oder als soziales Konstrukt abgetan, das die Kategorie „Frau“ gefährde. Dieses Denken reduziert Menschen auf ihre Körper und ignoriert die Komplexität menschlicher Identität.
Auswirkungen auf trans Personen: Ablehnung und gefährliche Mythen
Für trans Menschen bedeutet die TERF-Ideologie vor allem eines: die Aberkennung ihrer Identität und ihres Rechts auf Selbstbestimmung. Trans Frauen werden nicht als Frauen anerkannt. Oft wird behauptet, sie würden eine Gefahr für cis Frauen darstellen, etwa in Schutzräumen. Dieses Bedrohungsnarrativ, historisch beeinflusst durch Texte wie Janice Raymonds „The Transexual Empire“, verdreht die Realität: Trans Personen sind überdurchschnittlich oft Opfer von Gewalt und Diskriminierung, nicht Täterinnen.
Mehr als transfeindlich: Die Ablehnung nicht-binärer Identitäten
Wer nicht ins starre Mann-Frau-Schema passt, wird von TERFs ebenfalls abgelehnt. Nicht-binäre Identitäten gelten oft als „Modeerscheinung“ oder „Verwirrung“. Man unterstellt nicht-binären Menschen, sie wollten sich nur vor traditionellen Geschlechterrollen drücken oder würden den feministischen Kampf verwässern. Damit werden die spezifischen Lebensrealitäten und Diskriminierungserfahrungen nicht-binärer Menschen komplett ignoriert und unsichtbar gemacht.
Intergeschlechtlichkeit im Visier: Zwischen Ignoranz und Instrumentalisierung
Intergeschlechtliche Menschen, deren Körper von Geburt an nicht den typischen medizinischen Normen von männlich oder weiblich entsprechen, stellen das binäre Weltbild der TERFs eigentlich infrage. Doch statt dieses Weltbild zu überdenken, wird Intergeschlechtlichkeit oft als rein „medizinischer Zustand“ abgetan, der die Zweigeschlechtlichkeit nicht widerlege. Gleichzeitig wird die berechtigte Kritik an unnötigen Operationen an intergeschlechtlichen Kindern strategisch missbraucht, um Stimmung gegen geschlechtsangleichende Maßnahmen bei trans Personen zu machen. Das schadet beiden Gruppen.
Strategien und Allianzen: Desinformation und rechte Verbindungen
Um ihre Sichtweisen zu verbreiten, nutzen TERF-Aktivist:innen gezielte Fehlinformationen und schüren Ängste. Online-Hasskampagnen gegen gender-diverse Aktivist:innen gehören ebenso zum Repertoire wie politische Lobbyarbeit gegen Gleichstellungsgesetze. Besonders problematisch sind die wachsenden Allianzen mit konservativen bis rechtsextremen Gruppen, die eine ähnliche Anti-Gender-Agenda verfolgen.
Warum diese Ideologie schadet
Die Positionen von TERFs haben handfeste negative Folgen:
- Sie leugnen Identitäten: Das verletzt Menschen und trägt zu ihrer sozialen Isolation und psychischen Belastung bei.
- Sie blockieren Fortschritt: Ihre politische Arbeit verhindert wichtige rechtliche Verbesserungen für geschlechtliche Selbstbestimmung.
- Sie stützen das Patriarchat: Ironischerweise festigt ihr Beharren auf einer starren biologischen Zweigeschlechtlichkeit genau jene patriarchalen Strukturen, die sie angeblich bekämpfen.
Ein Schritt nach vorn: Das Selbstbestimmungsgesetz
Trotz des Gegenwinds gibt es Fortschritte. In Deutschland tritt am 1. November 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Es erlaubt trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Namen einfacher per Erklärung beim Standesamt zu ändern – ein wichtiger Schritt weg vom entwürdigenden alten Transsexuellengesetz und hin zur Anerkennung der persönlichen Würde.
Was wir alle für eine inklusive Gesellschaft tun können
Eine Gesellschaft, die Vielfalt respektiert, braucht unser aller Zutun:
- Bildet euch weiter und hört zu: Lernt mehr über die Lebensrealitäten von trans, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen. Nehmt ihre Erfahrungen ernst.
- Nutzt inklusive Sprache: Achtet auf eine Sprache, die alle Geschlechter sichtbar macht und respektiert.
- Zeigt Solidarität: Unterstützt Organisationen, die sich für die Rechte gender-diverser Menschen einsetzen, wie die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit(dgti).
- Tretet Fehlinformationen entgegen: Widersprecht Mythen und diskriminierenden Aussagen mit Fakten und Empathie.
Gemeinsam für eine inklusive Gesellschaft
Die TERF-Ideologie richtet sich gegen die grundlegende Menschenwürde und das Selbstbestimmungsrecht von trans*, nicht-binären und intergeschlechtlichen Personen. Ihre Argumente basieren auf überholten Vorstellungen und stehen einem modernen, inklusiven Feminismus im Weg. Nur eine Gesellschaft, die Vielfalt respektiert und fördert, kann gerechte Strukturen schaffen.
Wenn auch du Teil einer solchen Gesellschaft sein möchtest, setze dich aktiv für die Rechte aller ein. Bild dir deine eigene Meinung und informiere dich über die Lebensrealitäten von trans*, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen. Nutze inklusive Sprache und unterstütze Organisationen, die sich für diese Rechte stark machen – wie die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti).
Möchtest du mehr erfahren oder Unterstützung suchen? Die dgti bietet Peer-Beratung für trans* und inter* Menschen an – schau dir das Angebot unter dgti Peer-Beratung an.
Setze ein Zeichen für die Rechte von trans*, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen – unterstütze die Arbeit der dgti mit einer Spende über Betterplace: Spende für die dgti.
Gemeinsam können wir mehr erreichen und Ausgrenzung überwinden.