Heute hat der Bundestag das
der Bundesregierung in der durch den Familienausschuss geänderter Fassung verabschiedet und damit endlich ein modernes, einfaches Verfahren geschaffen. Wir sind erleichtert, dass das aus der Zeit gefallene „Transsexuellengesetz“ abgeschafft wird.
Die Abschaffung der Diskriminierung durch das sogenannte „Transsexuellengesetz“ (TSG) ist ein langer Weg und ein harter Kampf gewesen – vor 12 Jahren legte die dgti mit anderen Vereinen bereits das Forderungspapier zu einer TSG-Reform vor und forderte geschlechtliche Selbstbestimmung.
Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht
„Geschlechtliche Selbstbestimmung“ bedeutet für uns das Menschenrecht, entsprechend dem erlebten Geschlecht ohne vermeidbare Benachteiligungen leben zu können. Dies schließt Grundrechte, Personenstandsrecht, Abstammungsrecht, Kinderrechtskonvention, das Sozialgesetzbuch und viele weitere Rechtsgebiete mit ein. Wahre Selbstbestimmung liegt nur vor, wenn sie frei von äußerem Zwang und allein selbstbestimmt im Zeitpunkt, Zeitrahmen und Umfang unterworfen, ausgeübt werden kann.
Die dgti legt großen Wert auf die Feststellung, dass das Recht auf Selbstbestimmung keine Wunschvorstellung einer kleinen Minderheit ist, sondern die Wahrung der verfassungsrechtlich verbrieften Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland. Hieran hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), sowie auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Zuständigkeit, nie einen Zweifel aufkommen lassen.
Rückfall zu den bisherigen Bestimmungen des TSG
Gegenüber dem bisherigen Regierungsentwurf sind die Änderungen an mehreren Stellen zurückgefallen und bedeuten unter Umständen auch Verschlechterungen gegenüber dem TSG:
Eine Beratungspflicht für Minderjährige über 14 Jahren sowie für Sorgeberechtigte mit Kindern unter 14 Jahren ist im TSG bisher so nicht enthalten gewesen, und auch nicht im PStG § 45b. Hier verschlechtert sich die Lage. Wir empfehlen die Inanspruchnahme einer qualifizierten trans* Peer*Beratung, welche die dgti bundesweit anbietet. Dass Minderjährige unter 14 Jahren ihr Einverständnis geben müssen, ist eine Stärkung der Kinderrechte und ist positiv anzusehen.
Die Regelungen zu trans*Elternschaft basieren auf biologistischen Annahmen und verwehren trans*Personen die rechtliche Anerkennung ihrer sozialen Elternrollen. Queere Elternschaften sind heute längst möglich und auch bereits im Recht abbildbar. Deutlich wird hier die konservative Grundhaltung des Gesetzgebers, queere Elternschaften nicht vollständig anzuerkennen. Dabei bedürfte es hierzu nur einer geringfügigien sprachlichen Anpassung in zwei Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Die Begrenzung der Wirksamkeit der Änderung des Geschlechtseintrags bei Ausländern im Falle eines Ereignisses, dass zur Abschiebung führt, ist unverhältnismäßig und daher abzulehnen. Hier werden geflüchtete trans*Personen unter Generalverdacht gestellt. Hier tritt die Achtung der Menschenwürde gegenüber der Praktikabilität in den Hintergrund.
Auch die Einführung einer 3-Monats Anmeldefrist für die Erklärung beim Standesamt lässt uns nach wie vor kopfschüttelnd zurück, sie verschlechtert die Lage für intergeschlechtliche Menschen. Immerhin wurde die potenzielle erste Anmeldemöglichkeit auf den 1.8.24 vorgezogen. Die Möglichkeit eines binären Reisepasses für intergeschlechtliche Menschen und wohl auch nicht-binärer Menschen bedeutet zwar das diese Menschen sich bei Reisen in Länder, die diese Geschlechtsidentität nicht anerkennen, sich tarnen können, zeigt aber das man nicht unbedingt gewillt ist die Rechte von Personen, die einen Eintrag divers oder einen gestrichenen Personenstand haben, auch im Ausland Geltung zu verschaffen. Es ist ein Einknicken vor der transfeindlichen Grundhaltung in einigen Staaten.
Keine diskriminierende Datenübermittlung an Sicherheitsbehörden
Sehr positiv hervorzuheben ist, dass die automatisierte Datenübermittlung an Sicherheitsbehörden aus dem Entwurf gestrichen wurde. Dieser Passung hätte eine Sonderregelung geschaffen, die ansonsten für alle anderen standesamtlichen Handlungen und Veränderungen, nicht gelten. Das bußgeldbewehrte Offenbarungsverbot wurde zur Ausweitung des Schutz auch auf Angehörige ausgeweitet. Hier wurde der massiven Kritik der Verbände und weiterer Institutionen Rechnung getragen.
Eine Bewertung des neues Gesetzes durch die dgti gibt es hier. Unsere ausführliche Stellungnahme vom Oktober 2023 ist hier nachzulesen.
Interview des NDR mit Petra Weitzel zur Abstimmung zum Selbstbestimmungsgesetz