In seinem Urteil vom 23. November 2023 – 8 AZR 164/22 – entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Frage ob und wie eine Stellenausschreibung geschlechtsneutral im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausgestaltet war.
Ursache der Klage war eine Stellenausschreibung in der „Fallmanager*innen“ gesucht wurden und, wie üblich und wünschenswert, mitteilte das „schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber“ bevorzugt berücksichtigt würden.
Eine sich als „Hermaphrodit“ bezeichnende, also sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig wissende Person bewarb sich auf diese Position. Ihre Bewerbung fand letztlich keine Berücksichtigung, weshalb diese Klage wegen Diskriminierung u. a. auf Grundlage des Merkmals „Geschlecht“ erhob.
Personen aller Geschlechter sind angesprochen
Das BAG wies, wie die Vorinstanzen die Klage ab. Es stützte sich hierbei auf die Bewertung der Ausschreibung und des Bewerbungsprozesses. Nach Ansicht des BAG wird durch den„Genderstern“/Asterisk hinreichend und ausreichend verdeutlicht, dass Personen aller Geschlechter zu einer Bewerbung aufgefordert wurden. Nach seiner Ansicht heilte dieser auch die an sich anfechtbare Formulierung in Bezug auf die binäre Mitteilung, dass „schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber“ bevorzugt würden.
Obwohl dieser Klagegrund keine herausragende Bedeutung beigemessen werden kann, so liegt diese sehr wohl durch die ausdrückliche Bestätigung und Entscheidung, dass der Bedeutungsumfang alle Geschlechter, sowohl des binären als auch des nicht-binären Spektrums, umfasst.
Dieses Urteil schafft Rechtssicherheit für künftige Ausschreibungen und zeigt einen Weg auf, wie geschlechtsneutrale Ausschreibungen formuliert werden können. Sie zeigt auch auf, dass es nicht von formalen Formulierungen abhängt, sondern der Gesamteindruck entscheidend ist, ob den Anforderungen des AGG genüge getan wird. Es schafft einen Spielraum im Bewerbungsprozess, der auch unbeabsichtigte Patzer und Ungenauigkeiten hinnimmt, so lange in der Gesamtschau eine Diskriminierungsabsicht nicht erkennbar ist. Letztlich zeigt es hierbei auch, dass die zahlreichen Bedenken hinsichtlich von Arbeitnehmenden/Bewerbenden aus dem trans*, inter*geschlechtlichen, nicht-binären und agender Spektrum ohne Grundlage sind. Es geht von diesen, solange man sich an die etablierten Abläufe und Formalien hält, kein höheres Klagerisiko in Hinblick auf das AGG aus, als von allen anderen Bewerbenden/Arbeitskräften.
Das Bundesarbeitsgericht erkennt den Genderstern/Asterisk an
Nebenher bestätigt und anerkennt das BAG auch den durch Gebrauch erworbenen und durch die Allgemeinheit anerkannte Bedeutungsinhalt des „Gendersterns“/Asterisk. Schlussendlich bleibt nur zu hoffen, dass von diesem in zukünftigen Ausschreibungen ausgiebiger Gebrauch gemacht wird und die ausgeschriebene geschlechtliche Offenheit auch in der Einstellungspraxis gelebt wird.
Julia Steenken
ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Oldenburg