Ein Nachruf von Ria Cybill Geyer.
Am Morgen des 03.04.2025 ist Julia Steenken verstorben. Plötzlich und unerwartet sind vermutlich nicht die Adjektive, die in diesem Zusammenhang passend sind. Sie war seit Jahren herzkrank.
Julia war eine trans* Frau. Dabei lag ihr persönlicher Schwerpunkt auf „Frau“ im besten Sinne. Julia war nie schrill, bunt, hyperfeminin. Sie war eine bescheidene manchmal auch unscheinbare Erscheinung. Sie war niemand, die auf einem Einhorn überall einritt oder permanent die Regenbogenflagge oder gar deren Neuversionen vor sich hintrug. Julia war aktiv – meist im Hintergrund -aber immer professionell. Obwohl sie keine gelernte Juristin war, kam ihre Expertise der von Anwält*innen und Richter*innen gleich. Sie war auch Laienrichterin am Sozialgericht in Oldenburg und bis zu ihrer Berentung auch beim Arbeitsgericht. Viele ihrer Gutachten, die sie im Auftrag gemeinnütziger Vereine verfasst hatte, gingen in die Gesetzgebung ein. Insbesondere für die dgti e.V. hinterlässt sie hier eine große Lücke.
Wer war Julia privat?
Julia war gelernte Bankkauffrau und hatte ein „Händchen“ für Finanzen. Sie war uneigennützig und half wo sie konnte und wo es ihr wichtig war. Auch wenn sie sich als „in der Wolle gefärbt schwarz“ bezeichnete, so hat sie Solidarität gelebt ohne auf den politischen Hintergrund zu sehen.
Dies mag auch ihre Sympathie für das Star-Trek-Universum des Gene Roddenberry erklären: Julia war eine echte „Trekkie“ und beteiligte sich bis in die Stunden vor ihrem Ableben intensiv online am Rollenspiel in dieser Welt.
Ihre wirkliche Passion gehörte jedoch der Eisenbahn. Insbesondere der „Großherzoglich Oldenburgische Eisenbahn“, der GOE. Julias Familie ist eine Eisenbahnerfamilie. Erst sie war – aufgrund der Warnung ihres Vaters- nicht in den Eisenbahndienst getreten und hatte „Etwas Gescheites“ gelernt. Bis zu ihrem Tod hin haderte sie damit, nicht in Uniform unserem Land dienen zu dürfen. Dennoch war sie eine Eisenbahn-Historikerin, die ein profundes und quellensicheres Wissen um die Geschichte der Eisenbahn in Deutschland und aller damit zusammenhängenden staatlichen Organisationen erworben hatte.
Wahrscheinlich gehörte sie mit Ihrem Wissen zu den führenden Köpfen. Es gab keine Frage über das Thema zu der sie nichts wusste oder nicht im Handumdrehen die maximale Expertise erworben hatte. Auch wenn ich -als gelernte Polizistin – Fragen zu Sachverhalten hatte und diese mit Julia erörterte – sie hatte ganz schnell die richtigen Paragraphen auf der Reihe. Wahrscheinlich wird ihr FREMO– Projekt „Oldenstadt“ der Vergessenheit anheimfallen. Julia hatte noch viele Pläne und Ideen, die sie in den nächsten Jahren noch umsetzen wollte, die nun unerfüllt bleiben.
Julia war meinungsstark, unbeugsam, unbequem professionell, nervend wenn sie nachts 00.30h anrief, eine Humanistin und vor allem eines: Meine Freundin!
Leb wohl Jule! Wahrscheinlich braucht man andernorts eine Eisenbahnhistorikerin! Hier fehlst Du! Du hinterlässt die große Lücke, die du gerne im hiesigen Leben gehabt und um deren man dich wahrgenommen hätte.